chaotisch, laut, quirlig, gesellig, entspannt, traditionell, farbenfroh, freundlich, aufmerksam, großartig. ich könnte ewig weiter aufzählen… das ist hanoi. eine vietnamesische großstadt, wie ich sie mir vorgestellt habe. zumindest das alte viertel der hauptstadt. das schönste ist, durch die gassen zu schlendern, aufzusaugen und sich danach entspannt an den see setzen und die menschen beobachten. das beste: es wird nie langweilig werden…
lacke und farben
weil uns irgendwie die zeit knapp wird, fliegen wir von hue nach hanoi. schnell passiert. nur eine stunde im flugzeug, dann mit dem flughafenbus in die innenstadt und zu fuß zum hotel, das zentral in der altstadt liegt, die man auch das viertel der 36 gassen nennt. wir wohnen in der lacke und farben-straße. in hanoi ist es größtenteils noch so, dass sich in den straßen geschäfte aneinanderreihen, die alle dasselbe verkaufen. eine straße für brillen, die nächste für schuhe, um die ecke gibts bambusstangen oder stoffe und leder. wir haben uns schon oft darüber gewundert. in kathmandu war das zum beispiel auch so. okay, konkurrenz belebt das geschäft, aber wäre es nicht besser, wenn die geschäfte in der stadt verteilt wären? tatsächlich stammt diese regelung noch aus alten zeiten. früher wurde vorgeschrieben, was in welcher straße verkauft wurde. da die geschäfte oft über mehrere generationen hinweg weitergeführt werden, ist es eben dabei geblieben. auch die straßennamen beziehen sich noch auf diese zeit. sie sind angeblich benannt nach den produkten, die in den straßen verkauft werden oder wurden.
in den tag hinein leben
außer zwei tagesausflügen, die wir von hanoi aus machen wollen (gesonderter beitrag folgt), haben wir uns gar nicht wirklich etwas vorgenommen. wir lassen uns treiben. geraten in den strudel der gassen. kämpfen uns wieder heraus, um an dem schönen see ganz in der nähe unseres hotels wieder durchzuatmen. wir wollen die letzten eindrücke von vietnam festhalten. keine stadt ist da wohl besser geeignet als das pure hanoi.
unser hotel hat nicht nur eine gute lage, sondern ist auch ziemlich ruhig. abgesehen von dem baulärm in den letzten zwei tagen, aber darauf werden wir vorbereitet. das personal ist super nett und aufmerksam, vor allem, wenn ich plötzlich alleine im hotel auftauche. zwei mal werde ich abends in forschem ton gefragt, wo denn mein husband (ehemann) sei? ich weiß nicht, ob schon öfter ehemänner verschwunden sind. zigaretten holen oder so. aber die frage klingt eigentlich eher vorwurfsvoll. als hätte ich ihm etwas angetan. aber stefan taucht kurz nach mir immer wieder auf und die damen sind beruhigt.
alles muss raus
am ankunftstag ist feiertag. in der altstadt direkt ist davon nicht viel zu merken. es wuselt und dröhnt wie an jedem anderen tag. wie überall im land sind die gehwege mit mopeds zugeparkt und der weg für fussgänger ist weitestgehend versperrt. der gang auf der straße will wohl überlegt sein. die mopedfahrer sind ziemlich rabaukig (wieder mal ein wort erfunden) unterwegs und man muss auf der hut sein, um nicht angefahren zu werden. von weitem hört man die „hello“-rufe der rikschafahrer, straßenverkäuferinnen preisen ihr frisch geschältes obst an und die damen mit dem gebäck im korb, schieben dir das probierteilchen quasi ungefragt in den mund. vielleicht doch noch ein kegelhut oder eine schöne schale aus korb? leider müssen wir den sympathischen korb-fahrradverkäufer enttäuschen.
see und gesehen werden
als wir am nahe liegenden see ankommen stellen wir mit freuden fest, dass die straßen drum herum gesperrt sind. großartige sache. eine riesige bühne wird aufgebaut und es gibt verschiedene straßenstände mit allerlei spielzeug, souvenirs und essen. und massig platz, um die gekauften flugzeuge und seifenblasen gleich auszuprobieren. junge menschen tanzen auf der straße hiphop und auch ein paar touristen haben sich an der promenade positioniert, um die reisekasse aufzustocken. als wir später im park eine verkäuferin mit kleinen ukulelen sehen überlegen wir kurz, uns eine zuzulegen. vielleicht sollten wir auch mal darüber nachdenken ein bisschen straßenmusik zu machen? ich singe und stefan tanzt. oder anders rum? wir denken da mal drauf rum. ; )
ein paar einheimische künstler sitzen in reih und glied, den stift in der hand bereits gezückt, um das ein oder andere porträt auf papier zu bannen. rund um den see gibt es tausend bänke und andere sitzgelegenheiten um sich niederzulassen, und die atmosphäre einzuatmen. jung und alt, einheimische und touristen teilen sich die schattenplätze und kommen so oft auch ins gespräch. großeltern sitzen und scherzen mit ihren enkelkindern, es gibt eis und andere knabbereien, hunde tollen über den grünen rasen. wir sind auf weltreise! solch schöne momente und augenblicke lassen einem wieder ganz bewusst werden, was wir hier tolles machen und erleben dürfen.
freiluft-muckibude
auf dem rückweg zum hotel streifen wir die fitness-abteilung am wasser. wie so oft in den parkanlagen in vietnam, gibt es auch hier öffentliche fitness-geräte, die sich großer beliebtheit erfreuen. eifrig sind die sportlichen bewohner am heben, drücken und stemmen. die temperaturen liegen immer noch bei ca. 36 grad. außerdem trifft sich wohl jeden morgen um sechs uhr eine gruppe von einheimischen am see, um gemeinsam mit thai-chi in den tag zu starten. jetzt gegen abend steht eine frau alleine an der seite, und scheint in ihre übungen vertieft. auf dem breiten gehweg spielen einige männer mit freiem oberköper vietnamesischen federfussball. geschickt wird der federball meist auf der brust gestoppt, einmal mit dem knie touchiert, um ihn dann mit dem fuss zum mitspieler zurück zu kicken. wer als zuschauer entdeckt wird, bekommt den federball direkt zugespielt und die meisten sind so überrascht, dass sie die rückgabe prompt verbocken. so auch wir.
doch noch ein plan
an einem anderen tag haben wir uns doch ein kleines programm zurecht gelegt. ich habe schon so viel über die train street, die schienengasse, gelesen, und möchte mir diese unbedingt selbst anschauen. und natürlich dann, wenn auch ein zug vorbei fährt. also haben wir knallhart recherchiert und herausgefunden, wo täglich um 12 uhr ein zug die schmale gasse zum vibrieren bringt. fast hätte uns die neue datenschutz-verordnung den tagesplan verhunzt. schon am abend zuvor hat sie mich komplett überfordert und uns sogar zu einem kleinen streit provoziert. am nächsten morgen bin ich wieder damit beschäftigt. aber ich breche rechtzeitig ab und wir schnappen uns ein taxi, das uns, mit fragwürdigem taxameter, an den rand der altstadt fährt. noch nie habe ich ein taxameter so rasch nach oben zählen sehen. aber egal. diskussionen werden nichts bringen und wir haben eh keine zeit.
fährt ein zug durch eine gasse…
das besondere an der trainstreet ist, dass das zuggleis direkt durch eine enge, beidseitig bewohnte gasse läuft. da stehen wir nun also in der berühmten gasse, und irgendwie kommt sie mir gar nicht so eng vor!? ich sehe das gleis und wäge ab. rechts und links an der seite ist noch gut platz. es parken fahrräder und fahren sogar roller. blumenkübel zieren die hauseingänge, hier und da hängt wäsche und ich entdecke eine kleine freiluftküche. bewohner sind so gut wie keine draußen. das mag an der hitze oder der bevorstehenden durchfahrt des zuges liegen. lediglich eine frau ist halb versteckt in ihrem hauseingang mit diversen spülschüsseln zugange. stefan ist ein stück weit weg gelaufen und schon fast nicht mehr in meinem blickfeld. ich suche mir ein plätzchen, von wo aus ich denke, dass ich den zug mit der kamera gut erwischen kann. nicht ganz ungefährlich die mission, habe ich gelesen. naja, denke ich, so eng kann das ja nicht sein.
adrenalin mal anders
plötzlich tut sich vorne am eingang der gasse auf der straße etwas. zwei arbeiter mit warnwesten und fahnen platzieren sich auf der straße, und blockaden für die autos werden vor die schienen gezogen. yay! der zug kommt tatsächlich. von weitem hört man ihn auch schon laut hupen. ich winke stefan und zeige mit dem daumen nach oben. mist, ich bin tatsächlich voll aufgeregt. das ganze steigert sich noch, als der zug dann vorne um die kurve kommt. scheiße ist das eng! zwischen zug und häuserfront ist auf den ersten blick nicht wirklich viel platz. stehe ich sicher? kann ich draufhalten, ohne mich in gefahr zu bringen? nur nicht nach vorne bewegen, auch wenn der bildausschnitt nicht stimmt, denke ich noch, und schon ist der zug fast da und ich drücke mehrfach auf den auslöser. sollte man denken, der zug kriecht langsam durch – weit gefehlt. für zugführer und anwohner ist das ganze routine. der zug fährt in ordentlichem tempo durch die gasse. wow, was für ein cooles erlebnis! ich strahle übers ganze gesicht und freue mich wie ein kleines kind. erstens, weil wir gerade noch pünktlich angekommen sind, zweitens, weil der zug tatsächlich um 12 uhr kam und drittens, die bilder toll geworden sind. der zugführer hat sogar gewunken. was sind wir doch für glückskinder, wir beide…
anregend
fröhlich und beschwingt ist mir sogar die hitze für einen moment egal und wir schieben uns durch kleine, enge, versteckte gässchen, um unser nächstes ziel zu erreichen. hinter aquarium-scheiben blubbern fische, auf dem grill brutzelt das barbecue, der duft von blumen und frischem obst liegt in der luft und im engen käfig gackern hühner und hähne. die kleinen hocker in den straßenküchen sind zahlreich besetzt. wir kaufen ein paar litschis und pflaumen und suchen uns beim literaturtempel, der konfuzius gewidmet ist, ein schattiges plätzchen und machen ein kleines obst-picknick. anschließend erkunden wir die anlage. hatte ich schon erwähnt, dass wir etwas tempel-overdosed sind? deshalb lasse ich mich gerne ablenken von der anordnung der ziegel auf dem dach (sieht das nicht cool aus?), den blauen stühlchen im tempel, die kurz darauf von mehreren schulklassen besetzt werden, und der kleinen keramik mit den zwei spielern, die in einem bäumchen versteckt ist.
jesus
der vorletzte punkt auf unserer heutigen liste ist die st. joseph’s cathedral. die neugotische kirche wurde im 19. jahrhundert nach ihrem vorbild notre dame von den franzosen errichtet. eine der wenigen katholischen kirchen in hanoi. wieder haben wir glück, denn die kirche öffnet gerade ihre seitenpforte und wir treten ein. ich bin ein fan von bunten kirchenfenstern und diese sind noch original erhalten. stefan hat sich in eine bank gesetzt und erzählt mir später, dass er sich irgendwie über den kirchenbesuch gefreut hat. ein stück weit heimat nach den vielen buddhistischen und hinduistischen tempeln…
besondere fotos
als ich die zwei männer zwischen ihren rollern auf der straße sitzend und spielend entdecke, habe ich sofort ein déjà-vu. fast wie die kleine keramik beim literaturtempel. und wer sich über das bild mit der ananas wundert – ein stilleben der besonderen art. ich liebe solche bilder ; ). und nein, ich habe die ananas nicht platziert. die stand da tatsächlich. der hausbesitzer war grade am fegen und war auch leicht verwundert, was ich da jetzt wohl fotografiere.
ein besuch im puppenhaus
wie fast jeden tag landen wir am ende wieder in unserer ruhe-oase, der parkanlage am see. der letzte punkt unseres programms ist der besuch des wasserpuppentheaters, das direkt neben dem see ist. bis zur vorstellung müssen wir eine halbe stunde überbrücken und pflanzen uns auf eine bank. es dauert nicht lange, bis sich ein mann zu uns setzt. wir kommen ins gespräch und plaudern ein bisschen, unter anderem auch über das wasserpuppentheater. er klärt uns noch einmal auf, dass es dies wirklich nur in vietnam gibt und dass man nicht zuviel erwarten dürfe, aber es sei sehr schön. und das war es auch. kurzweilig und zauberhaft. lustige, bunt leuchtende puppen, tolle, lächelnde musiker, die spaß haben, an dem was sie tun und kleine, gespielte episoden aus dem leben der vietnamesen, die im voraus kurz auf englisch erklärt werden, da man den schönen gesang nicht verstehen kann. der perfekte abschluss für unsere zeit in vietnam.
leckerschmecker in vietnam
im hue-beitrag habe ich doch glatt vergessen, das leckerste essen in ganz vietnam zu erwähnen. eines abends hatten wir ein traditionelles hue-menü mit vier gängen. schon der erste gang war ein knaller. ‚goi buoi‘, ein pomelo (grapefruit) salat mit shrimps, bananenblüten, schweinefleisch, getrocknetem rindfleisch, sesam, erdnuss, koriander etc. eine wahre geschmacksexplosion. so genial lecker! der zweite gang waren gegrillte hackfleisch-kroketten an zitronengras mit erdnuss-soße. köstlich! gang nummer drei nennt sich ‚beo cake‘. schwierig zu erklären: ein kleiner kuchen aus reis-mehl, darauf kommen getrocknete shrimps, zwiebeln und ein paar kräuter. das ganze wird mit fischsauce beträufelt und dann aus kleinen schälchen gelöffelt. eigentlich total simpel, aber deliziös. stefans favorit. zum abschluss gab es dann noch eine klassische ‚bun bo‘. eine nudelsuppe mit rindfleisch. auch lecker, aber nicht so überraschend wie die anderen gänge. wer nach hue reist, sollte das unbedingt probieren.
bun bo nam bo
in hanoi gab es auch noch zwei erwähnenswerte essenserlebnisse in den straßenküchen. zum einen ‚bun bo nam bo‘. ist es jetzt nudelsalat oder suppe? das essen, eine mischung aus heiß und kalt sowie süß und sauer ist ein außergewöhnliches geschmackserlebnis. bun sind reisnudeln, bo das rind. dazu kommt unter anderem gemüse, sojasprossen, erdnüsse und natürlich die in vietnam geliebte fischsauce. das restaurant, das heißt wie sein bestes gericht und eigentlich mehr ein imbiss ist, ist ein krasser selbstläufer. die hütte sitzt immer voll. egal ob morgens, mittags oder abends – das gericht wird zu allen tageszeiten gern gegessen und kommt, da es gut vorgekocht und aufgewämt werden kann, ratzfatz auf den tisch.
bun cha
am letzten abend in hanoi gehen wir endlich in das kleine straßenrestaurant der freundlichen frau, die uns schon öfter gewunken hat. überraschenderweise hat sie sogar eine englische karte. viel lieber schaue ich aber auf die nebentische, was es da so gibt. wir fragen nach und lustigerweise ist das paar neben uns grade auf einer streetfood-tour. deren guide erklärt uns, was ‚bun cha‘ ist. gegrillte schweinehack-bällchen schwimmen gemeinsam mit grüner papaya in einer brühe aus fischsauce, zucker, zitronensaft, essig, zerdrücktem knoblauch, chilli usw. dazu gibt es auf einem extra teller reisnudeln und ein riesen berg frische kräuter und grünen salat. die mischung schmeckt vorzüglich.
vietnam in 10 jahren?
die zeit in vietnam ist gerast. wie schon erwähnt hätten wir uns vielleicht etwas mehr auf die ländlicheren gegenden konzentrieren sollen. total schade ist, dass wir sapa nicht mehr geschafft haben. aber vielleicht hole ich das irgendwann noch nach. mir persönlich hat der norden fast besser gefallen, als der süden. hanoi und die beiden tagesausflüge, über die ich noch berichten werden, waren auf jeden fall ein toller abschluss. fakt ist, dass der tourismus in vietnam boomt. und was soll man dagegen sagen, wenn man selbst gerne reist. ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt… fürs erste aber bye, bye vietnam.
Liebe Christine, ich find deinen Blog sehr cool…mach weiter so…
Freu mich dich im Bistro im Mediapark mal wieder zu sehen….
Bis dahin ganz liebe Grüße
Vera
vera, wie schön von dir zu lesen! danke für das lob! toll, dass dir der blog gefällt. ich freu mich!
bis wir uns sehen, dauert noch ein bisschen. bis dahin pass auf dich auf und hab viel spaß mit den kollegen.
alles liebe, christine