es war einmal vor einem jahr…
argentinien-finale im nordosten! in meinem letzten argentinien-beitrag schreibe ich über lästige picknick-gäste zum geburtstag, nicht enden wollende wege richtung nordost, unwetter, die unsere pläne durchkreuzen und natürlich, über die unglaublichen, immer wieder beeindruckenden, bombastischen iguazú-wasserfälle. leute, reist nach argentinien. das land ist so unfassbar cool!
adiós jujuy!
auch mein geburtstag ändert nichts daran, dass wir erst mal 9 ½ stunden fahrt vor uns haben. von der provinz jujuy richtung nordosten. einmal quer durchs land. warum dauert das noch mal so lange? ich weiß es nicht mehr. wahrscheinlich verdrängt, denke ich mir am ende des tages. aber von vorne. mein geburtstag! immer noch in ‚maimara‘ kommen wir noch einmal in den genuss eines oberleckeren frühstücks. dann lassen wir den schönen übernachtungsort und die zauberhafte provinz jujuy hinter uns und machen uns auf richtung nordosten.
nur kucken, nicht anfassen
den ersten teil des weges richtung ’san salvador de jujuy‘ kennen wir schon. in ‚general güemes‘ gibt es direkt an der hauptstraße ein paar buden. obst, gemüse, aber auch andere lebensmittel können wir aus dem auto ausmachen. die besitzer der garagenartigen läden bekommen anscheinend selten touristen zu gesicht. die meisten rauschen wahrscheinlich im auto oder reisebus durch die kleinen orte hindurch. als wir aussteigen, kuckt man uns schon neugierig entgegen. manche schauen sehr kritisch, andere sind offen, fragen uns nach unserer nationalität, reichen uns die hand oder klopfen stefan freundschaftlich auf die schulter und wünschen uns weiterhin viel glück. selbstverständlich verstehen wir nicht alles, was teilweise hinter uns genuschelt und getuschelt wird, aber wir lächeln die bewohner freundlich an und lassen uns nicht irritieren.
blutsbrüder
es dauert nicht lange und unsere mägen machen sich knurrend bemerkbar. wenn wir schon den ganzen (geburts-)tag unterwegs sind, dann soll es wenigstens ein romantisches plätzchen für ein picknick sein. also biegen wir ab in einen feldweg und stoßen auf einen großen baum, umgeben von grünem gras und blühenden blumen. die perfekte idylle! obwohl der himmel voller wolken hängt, ist es schwülwarm. in gedanken versunken schneide ich das baguette und registriere ein leichtes brennen an meinem bein. gibt es hier brennesseln? ich kann nichts entdecken, schnibble weiter und ignoriere ein weiteres brennen. aber es hört nicht auf. als ich genauer hinschaue entdecke ich überall an meinen beinen kleine blutstropfen. was zur hölle ist das denn bitte? die kleinen biester sind winzig und nur bei genauem hinsehen auszumachen. die blutstropfen nebst juckenden stichen stammen von winzigen stechmücken, die an meinen beinen saugen. innerhalb kürzester zeit vermöbeln sie uns beide und wir ergreifen laut schimpfend die flucht. so klein und so fies. nichts wie weg hier. wir fahren ein stück, stellen die klimaanlage kurz auf die höchste stufe und halten dann ein weiteres mal unter einem hübschen baum. das vermeintlich romantische picknick endet bei geschlossenen fenstern im auto, bis es uns der schweiß von der stirne tropft. es ist aber auch schwül und die kleinen stechviecher haben wohl grade hochsaison. im geiste sehe ich die mistdinger satt und zufrieden sich die bäuche reibend unter dem baum liegen. wie nach einem romantischen picknick. grummel!
verkehrsrowdy
zurück auf die ruta 16. wir lassen einige kleine örtchen hinter uns und beobachten neben uns dahinziehend ewig lange güterzüge beladen mit unmengen von holz. in der nähe von salta waren arbeiter mit schienenbau beschäftigt und es gab ein riesentransparent auf dem irgendetwas von „zug für das volk“ angepriesen wurde. das fehlt in argentinien komplett. entweder man muss fliegen oder man fährt mit überlandbussen durch das immens große land.
mittlerweile hat sich stefan dem straßenverkehr angepasst. polizisten, die auf einem motorrad gemächlich vor uns her tuckern, lassen wir mit 20 km/h zu viel im überholverbot hinter uns. okay. gewagt, aber kann man wohl machen. verkehrsregeln scheinen hier keinen zu jucken. als er aber über eine rote ampel fährt „weils der lkw auch macht“ muss ich doch mal kurz einlenken.
schlangenlinien mit kalkül
im nordosten zeigt sich wieder ein neues landschaftsbild. alles leuchtet in sattem grün und am himmel bauschen sich wolken wie auf einem kitschigen ölgemälde. am straßenrand eine große rinderfarm. inmitten der zahlreichen tiere dirigiert ein gaucho gekonnt sein pferd und treibt die masse in die gewünschte richtung. ob die tiere ihr schicksal ahnen? in ‚taco pozo‘ fahren wir in die nächste polizeikontrolle. wieder die frage woher wir kommen, wohin wir wollen. dann der hinweis, dass die straße enger wird. und schlechter. genau! deshalb brauchen wir so lange. ob das bis zum schluss so bleibt? in der straße, sofern man diese so nennen kann, klaffen riesige löcher. manche so tief, man würde aufsitzen, würde man hineinfahren. wenn wir dachten die unbefestigten straßen in patagonien sind schlimm: willkommen auf der ruta 16. katastrophale zustände. unfassbar, da hier wahnsinnig viel verkehr ist. die lkws fahren im slalom über die reste des asphalts. es reicht nicht sich auf die schlaglöcher zu konzentrieren, nein, man muss auch auf den gegenverkehr achten, da uns immer wieder fahrzeuge auf unserer seite entgegen kommen. anstrengend. unterbrochen wird das löchrige grau(en) von blauen eidechsen, die hin und wieder über die straße huschen.
kontrollettis
an der tankstelle der nächste schockmoment. unser tankdeckel geht nicht mehr auf. der tankwart reisst und zerrt und wir kriegen schier die krise. nichts geht mehr. wir sind schon mächtig genervt als uns sein kollege zur hilfe eilt und den deckel mit ruhe und der richtigen technik wieder auf bekommt. puh!
gefühlt werden wir heute alle 10 km kontrolliert. wir mögen mal bitte rechts ranfahren. zu viert stehen die jungen beamten um uns herum und wollen es ganz genau wissen. wo wir denn eingereist sind? wo wir schon waren? führerschein, reisepass und autolizenz bitte! einer der herren testet sein englisch und fragt nach meinem vornamen. der mit der coolsten sonnenbrille blättert interessiert durch die vielen stempel in meinem pass, während stefan noch nach dem seinigen sucht. aber sie sind schon zufrieden und wünschen uns lächelnd eine gute weiterfahrt. begleitet werden wir von üppigen, nicht enden wollenden sonnenblumenfeldern, die die untergehende sonne in ein warmes licht taucht. pünktlich zum sonnenuntergang kommen wir in ‚presidencia roque sáenz peña‘ an. die unterkunft ist nicht besonders heimelig aber für eine nacht okay. in der nachbarschaft setzen wir uns in ein restaurant und zum dessert gibt es das grösste eis meines lebens. eine kugel ist so groß wie drei. zurück in unserem apartment pflege ich meine wunden. meine stichgeplagten beine sehen mittlerweile ziemlich übel aus und es juckt wie bolle.
dreckspatz
die nächste etappe führt uns richtung ‚ituzaingó‘. an einer tankstelle erstehen wir ein teures frühstück und da unser ehemals weisses gefährt ziemlich schmutzig ist, gönnen wir ihm eine autowäsche. der unsympathische chef knöpft uns erst die kohle ab, instruiert dann brummig seine angestellten und lässt anschließend seinen bulligen körper wieder in seinen sessel plumpsen. die jungs waschen still und ohne ein wort zueinander unseren wagen. wir beobachten die szenerie und man meint zu spüren, dass die angestellten ihren chef genauso unsympathisch finden wie wir.
la luz
wieder hängen wolken am himmel und die luft ist schwülwarm. und, überraschung, polizeikontrolle. man winkt uns hinaus. nachdem wir die standardfragen beantwortet haben bekommen wir mit erhobenem zeigefinger eine kleine standpauke, da wir das licht nicht an hatten. in argentinien ist es pflicht, das licht immer anzuhaben. wir wussten das schon, hatten es aber dieses mal schlichtweg vergessen. wir entschuldigen uns, geloben besserung und dürfen passieren. entlang der straße tummeln sich unzählige möbelfabriken, die ihre ware an straßenständen ausstellen und verkaufen. dann wieder grünflächen, bäume, palmen und hier und da mal ein kaktus. pferde und rinder drängen sich unter den bäumen der weiden auf der suche nach einem schattigen plätzchen. hoch oben in den strommasten haben sich unzählige vögel eingenistet.
kunst zum anfassen
in ‚corrientes‘, la ciudad de los murales, steuern wir den park an und verputzen erst mal unser vesper, bevor wir das ein oder andere wandgemälde (murales) näher inspizieren. viele der wandbilder, die in schichttechnik aufgetragen wurden, stammen wohl noch aus den 80er und 90er jahren und sind im rahmen eines projektes entstanden. die motive zeigen meist szenen aus der geschichte der stadt bzw. provinz. nach mehr als weiteren 200 kilometern erkennen wir an den vielen kleinen lagunen und den weiten, leuchtend grünen feldern, dass wir bald am nächsten (etappen)ziel sind: ‚ituzaingó‘. der ort dient uns als ausgangspunkt für einen besuch in den ‚esteros del iberá‘: ein gebiet aus sumpf, moor, seen und lagunen und heimat unzähliger vögel, wasserschweine, alligatoren, kaimane, sumpfhirsche, …
sturmtief
unsere unterkunft ist privat und als wir vor das haus fahren, werden wir von drei fellschnauzen empfangen, die uns durch den zaun anbellen. wie sich herausstellt, ist der vermeintliche kampfhund der grösste schmuser von den dreien und er lässt keine gelegenheit aus, ein paar streicheleinheiten zu erhaschen. sehr putzig. beim abendessen kurz später im restautrant kündigt sich leider das unheil an. wir zücken gerade unser besteck, als es plötzlich stockdunkel wird. stromausfall. nichts geht mehr. unfreiwillig erleben wir unser erstes handylight-dinner. statt von kerzen werden unsere teller vom handylicht der besitzer beleuchtet. romantik der anderen art. um uns herum stürmischer regen und heftiges gewitter. zurück in unserer garagenartigen bleibe versuchen wir zu schlafen, was uns aufgrund des sturmes nicht wirklich gelingen mag. überall kracht und knackt es, der sturm peitscht den regen gegen unser domizil und mit dem besen kehren wir das eintretende wasser weg von unserer tür.
hundswetter
die drei hunde kauern draußen unter dem gleichen dach und man sieht ihnen förmlich an, dass ihnen auch nicht wohl bei der sache ist ist. wir beruhigen uns gegenseitig und hoffen zusammen, dass unser dach den sturm überlebt. am nächsten morgen im ganzen dorf ein bild der verwüstung. überall liegen äste, blitze haben in die bäume eingeschlagen und die erdstraßen und wiesen sind überschwemmt. an einen besuch der ‚esteros‘ ist zumindet mit unserem auto nicht zu denken. menno!
natur pur!
mit schmolllippen fahren wir also weiter nach oberà, wo wir die nächsten tage privat mit freunden die hier leben verbringen. wir essen natürlich asado, freuen uns über die bunten frühlingsblumen in den geschäften, lassen den blick über die quietschgrünen teefelder wandern, streichen über die äste des yerba-mate-strauches, schnuppern den duft der eukalyptusbäume und bewundern den üppigen tabak auf den feldern. außerdem führt mich nilda zum „grapa milenaria“, dem tausendjährigen baum, der mich mit seiner mystischen präsenz in seinen bann zieht. beeindruckend! als mein geburtstag noch mal zur sprache kommt, kriege ich sogar nachträglich noch ein stück torte mit kerze zum auspusten. ha! ist das leben nicht schön? nach ein paar schönen tagen liegen wir uns alle weinend in den armen. so viele kilometer zwischen uns, man sieht sich einfach viel zu selten.
hermoso!
nach ein paar tagen in oberá, auf dem weg zum dreiländereck paraguay, argentinien, brasilien, besuchen wir die ruinen der ehemaligen jesuitenreduktion ’san ignacio miní‘ sowie die edelsteinminen in ‚wanda‘ bevor wir zu unserem letzten highlight in argentinien kommen: die fabelhaften, unglaublichen und wunderschönen iguazú-wasserfälle.
umflattert von bunten schmetterlingen und erfrischt von der gischt genießen wir bei strahlend blauem himmel die unfassbare schönheit der natur und entdecken auf den verschiedenen ebenen und stegen immer wieder neue facetten der ‚cataratas‘ sowie der flora und fauna. der großteil der über 275 wasserfälle befindet sich auf der argentinischen seite, inklusive dem höchsten wasserfall, dem ‚garganta del diablo‘ (teufelsschlund), der mit lautem getöse und einer riesigen gischtwolke 80 meter in die tiefe fällt. der brasilianischen seite widmen wir uns an einem anderen tag. der beitrag folgt, auch mit einem jahr verspätung, hoffentlich schnellstmöglich.
die wasserfälle zählen völlig zu recht zu den sieben weltwundern der natur. schon beim ersten mal war ich restlos begeistert und auch dieses mal sauge ich die eindrücke nur so auf, um sie hoffentlich nie mehr zu vergessen.