mist. eigentlich meinte ein kollege, wir sollten in osaka übernachten und einen tagesausflug nach kyoto machen. jetzt machen wir es grade anders rum. verpeilt. aber egal. in kyoto gibt es so viel zu sehen und mit dem krassen bahnnetz hier sind wir ratzfatz in osaka. also tagesausflug in die drittgrößte stadt japans.
mit dem zug hat man nicht wirklich das gefühl, dass man eine stadt verlässt und in die nächste fährt. gefühlt hängt alles am stück. aber es sind auch nur 35 minuten. es stehen ein paar programmpunkte auf unserem ausgeklügelten plan und wir müssen ein bisschen kreuz und quer fahren, aber mittlerweile sind wir ja alte metro-hasen. und wie immer werden wir einige kilometer zu fuss zurücklegen. mein körper ist schon ganz irritiert ob der vielen bewegung und macht zwischendurch auch mal schlapp. deshalb haben wir den tagesausflug auch noch mal einen tag verschoben und einen tag mit weniger kilometern dazwischen gelegt. städte sind anstrengend. vor allem wenn man so viel wie möglich mitnehmen möchte. auch mit metro.
erstens kommt es anders…
etwas tempelmüde haben wir uns in osaka für eine besichtigung entschieden. der shitennoji tempel zählt zu den ältesten buddhistischen tempeln japans, wobei nur ein kleiner teil im original erhalten ist. die anlage um den tempel ist, wie oft, etwas trostlos. meist wird nur kies aufgeschüttet und es fehlt etwas grün oder blühendes. vielleicht ist das auch der grund, warum mich die tempel hier anfangs oft nicht so begeistern. mir fehlt das grün und die natur drumherum. dazu ist der himmel auch noch sanft grau. alles wirkt ein bisschen dröge. das lockmittel, die besteigung der fünfstöckigen pagode, erweist sich leider auch als wenig spektakulär. eine wendeltreppe führt in die spitze des turmes aber die innenansicht gibt nicht viel her. schade.
und zweitens als man denkt
gegenüber, an dem kleinen schlichten gebäude öffnet sich die schiebetür und ein paar ältere japaner kommen heraus. scheint, als könnte man das gebäude auch besichtigen!? ungewöhnlicherweise muss man sich nicht der schuhe entledigen. und bäääm. völlig unvorhergesehen und überwältigt stehe ich in meinem absoluten japan-lieblingstempel. von außen völlig unscheinbar, ist der tempel innen eine wucht. von grellem sonnenschein kommend tauchen wir ein in schummriges licht. schon die stimmung, der erste blick beim eintreten, nimmt mich gefangen. ziemlich direkt vor uns sitzt ein mönch, rezitiert und schlägt den holzfisch. an der seite rechts entdecken wir kleine hocker und wir nehmen platz, um den raum in ruhe zu erkunden. ausgekleidet mit dunklem holz thront in der mitte eine große kupferfarbene buddha statue. ein bein auf dem boden, der andere fuß liegt auf dem knie und seine rechte handfläche zeigt nach vorne. das abhaya-mudra ist im ursprünglich buddhistischen kontext die geste des grußes und der schutzgewährung – eine handhaltung, welche auch furcht abwehrt und dem anbetenden göttlichen schutz und glückseligkeit zuteilwerden lässt. der buddha sitzt auf einem hohen sockel, was ihn noch imposanter erscheinen lässt. sicherlich hat auch dieser eine bedeutung, wie das kronenchakra hinter seinem kopf. dafür kenne ich mich zu wenig aus. über dem ganzen schwebt ein buntes dächlein sowie eine art baldachin in den gleichen farben. die szenerie wird von kerzen und zwei dezenten tischleuchten in ein sanftes licht getaucht. in den vier ecken, neben großen, dicken, dunklen holzsäulen stehen, auf kleinen dämonen, vier weitere figuren. der mönch ist zwischenzeitlich zur meditation übergegangen und summt ab und an leise vor sich hin. ansonsten ist es still. selbst die weiteren besucher die eintreten, flüstern nur vage. der raum kann an kunstvoll bemalten wänden umrundet werden. situationen aus dem leben buddhas werden dargestellt. die atmosphäre ist einfach perfekt. endlich wieder ein ort, der mich wirklich berührt. alles ist stimmig und für mich ist der tag jetzt schon ein voller erfolg.
glückstierchen
schildkröten-alarm im teich ein paar meter weiter. das sonnendeck im weiher ist im unteren bereich panzer an panzer belegt. wer zu faul ist nach oben zu kriechen, legt sich einfach auf nen kumpel drauf. angeblich wurden die ersten tiere von einheimischen ausgesetzt, diese vermehren sich nun munter weiter und stehen unter dem schutz der mönche.
burgfräulein für eine stunde
osaka-jo, die burg, die eigentlich eher aussieht wie ein schloss ist unser nächstes ziel. und das viiiiiiiieler anderer. wie auf einem wimmelbild. finde das schloss. hanami, das kirchblütenfest ist in vollem gange. das ganze land strahlt inzwischen in sanften rosétönen. dementsprechend ist auch überall viel los. hauptreisezeit für japan. und die japaner selbst sind auch völlig aus dem häuschen. dazu noch schönes wetter und osterferien. da das gelände aber sehr weitläufig ist, verteilt sich die menschenmasse ganz angenehm. ein paar tausend in den park voller kirschbäume vor der burgmauer, ein paar tausend in die außenanlage bei den kirschbäumen am burggraben und ein paar weitere tausend direkt vor die burg. achtung klischee: wir machen es hier mal wie die japaner in europa. raus aus der bahn. burg suchen. kurz anschauen. foto. und weiter. klischee oder nicht? hm….
der japaner an sich
der japaner ist ein großer hundefan. immer öfter begegnen uns einheimische mit vierbeinigen freunden. wobei man sich fragt, wofür die vier beine eigentlich sind? entweder werden sie im schicken hundewagen chauffiert, lümmeln in einem fahrradkorb, kuscheln auf dem arm oder die kleinen köpfchen spähen aus einer tasche. hund in japan sollte man sein.
rein ins vergnügen
der rest des tages gehört der innenstadt von osaka. vor einem jahrhundert befand sich im viertel shinsekai ein vergnügungspark erster klasse. heute scheint es für mich ein bisschen das st. pauli von osaka zu sein. ein bisschen heruntergekommen reihen sich hier restaurants und kneipen aneinander. laute musik und riesige reklame-schilder schreien uns an. über unseren köpfen schweben dicke kugelfische und bunte leuchtreklamen für das günstigste essen. vor allem dafür ist osaka berühmt: fürs essen. in dem zusammenhang hört oder liest man auch öfter das wort „kuiadore“, was übersetzt „essen bis zum umfallen“ oder“ sich bankrott essen“ bedeutet. dazu passt auch die auslage des restaurants an der ecke. illustrationen von dicken sumoringern zieren die hausfassade und in der vitrine werden riesige sumoringer-portionen, wie immer aus plastik, ausgestellt. günstig ist es allemal, aber ob es auch schmeckt? so ein dezenter berg pommes für uns beide? nein, wir wollen heute etwas anderes probieren. auch das riesige schiff über der tür des restaurants, in dem man sein essen aus einem riesigen bassin selbst angeln kann erstaunt uns, aber verführt uns nicht.
okonomiyaki für alle
tsutenkaku heißt der 103 m hohe stahlturm inmitten des getümmels, der von manchen mit dem eiffelturm in paris verglichen wird. ne leute, das ist nicht fair. echt nicht. diesen lassen wir hinter uns und begeben uns in die etwas ruhigeren arkaden, wo wir endlich das für uns richtige restaurant finden. wir wollen okonomiyaki probieren. auch eine spezialität in osaka, die mir von einem kollegen empfohlen wurde. „okonomi“ bedeutet wörtlich „nach persönlichem geschmack“. und was soll ich sagen, genau unser ding. yummy! die grundzutaten sind wasser, kohl, mehl, ei und dashi (fischsud). dazu kann man dann noch weitere zutaten wie fleisch, fisch, käse oder gemüse bestellen. wir entscheiden uns für frühlingszwiebeln und speck. traditionell wird okonomiyaki auf einer heißen eisenplatte mit hilfe eines spatels zubereitet. ist der fladen durch, verpflanzt ihn der koch, zumindest in unserem restaurant, auf die eisenplatte direkt vor uns und wir können uns mit unserem kleinen spatel portionen auf unsere teller legen. dazu gibts sojasoße. normale flüssige oder eher süße, sehr dickliche. sehr köstlich!
stadtspaziergang
satt und glücklich starten wir anschließend den von lonely planet vorgeschlagenen stadtspaziergang durch das minami-viertel. amerika-mura ist ein teil davon. nach dem zweiten weltkrieg wurden hier massen an us-produkten vertickt. daher der name. heute halten sich in dem relaxten stadtteil vor allem die japanischen teenies auf. amerikanische und andere modelabels haben hier ihre boutiquen neben coolen secondhand-läden und tattoo-studios. die straßen werden flankiert von fröhlichen strichmännchen-straßenlampen. das achtstöckige einkaufszentrum ‚big step‘ blinkt und glitzert wie an weihnachten und hoch oben auf einem dach grüßt gar die freiheitsstatue. wir biegen ab in die arkaden von shinsaibashi-suji und landen in einem unheimlichen menschenstrom. alter, ist das krass hier. wo kommen all die menschen her? es ist mitten unten der woche und man hat das gefühl, ganz osaka und dazu noch millionen von touristen sind auf den beinen. aber man ist so geflasht von den ganzen eindrücken und schwimmt einfach mit dem strom. vor lauter staunen wäre ich fast mit einem sumo-ringer zusammengestoßen, der uns im grauen kimono entgegen kommt. muss ein sumo-ringer gewesen sein. eine masse von mann und das kleine zöpfchen auf dem kopf.
ein highlight jagt das nächste
aber es geht noch besser und es kommt noch greller. raus aus den arkaden und mitten rein ins ausgehviertel dotombri. die letzte steigerung in osaka. mehr neonreklame und noch größer geht nicht. ein wahnsinn, was uns da entgegenblinkt. und eine geräuschkulisse, unfassbar. genau wie die junge dame, die oben im kaufhaus hinter dem fenster mit einem reklameschild in der hand ein cheerleader-tänzchen aufführt. wir staunen schon wieder mit offenen mündern. japan!
auf dem kanal schippern touri-boote mit japanischen animateuren die versuchen, die tröge touristenmasse in stimmung zu bringen. scheinbar ist es noch zu früh oder zu wenig alkohol im spiel. das feedback ist eher verhalten. die fußwege entlang des flusses säumen auch wieder unzählige restaurants und, total verrückt, ein riesenrad (ebisu tower), dass in die hausfassade eines riesigen kaufhauses eingelassen ist. angeblich gibt es im ‚don quijote‘ alles zu kaufen, was das herz begehrt. der clou ist, dass das ganze wie ein irrgarten angelegt ist. man findet quasi nicht mehr hinaus und stößt dabei auf dinge, die man nie gesucht hat, denen man aber dann doch verfällt ; )
schlussrambo
sagte ich, es geht nicht mehr größer? fehlinformation. einmal um die ecke gebogen stehen wir wieder mitten in einer fressgasse. eine riesige krabbe, die fast unheimlich ihre beine bewegt schaut auf uns herab. gleich daneben fletscht der kugelfisch-koch ambitioniert seine zähne und im rücken faucht ein drache. grillgeruch liegt in der luft und es brutzelt, raucht und zischt in allen ecken. überall fröhliche menschen mit essensschälchen in der hand und dazwischen steht das noch hungrige volk geduldig in warteschlangen, um einen der begehrten plätze im restaurant zu ergattern. die stimmung ist wirklich umwerfend.
osaka ist echt ein knaller!