nach unserem gefühlswirrwarr in tokio sind wir sehr gespannt, was uns die nächsten tage in kyoto erwartet. bisher waren alle von der stadt begeistert, deshalb sind auch wir guter dinge. quasi mit lichtgeschwindigkeit bringt uns der shinkansen von tokio nach kyoto. zweieinhalbstunden für 450 kilometer.
die stadt selbst empfängt uns erst mal mit regen, aber davon lassen wir uns nicht entmutigen. auch in kyoto haben wir uns wieder ein mini-apartment gemietet. nicht ganz so kuschelig wie in tokio, gibt es in diesem nicht mal einen tisch oder stühle. also gibt es täglich frühstück im bett. mit improvisierten tablett-tischchen und einer winzigen auswahl an besteck und geschirr. eine richtige pfanne und messer gibt es zum beispiel keine. aber wir haben hier ne knaller toilette. mit ganz vielen knöpfchen und, jetzt kommts, beheizter klobrille. jaaa, das hat was. und hier kann man auch in aller ruhe alle knöpfchen ausprobieren. ein spaß, auf den ich jetzt nicht näher eingehen werde ; ) was allerdings richtig innovativ ist und was es tatsächlich auch bei uns geben sollte (in schön), dass das frische spülwasser, bevor es in den spülkasten läuft, über ein waschbecken als händewaschwasser benutzt werden kann. umweltfreundlich und grade in engen toiletten wo nicht viel platz ist, der knüller. das gefällt mir!
klischee-alarm!
und jetzt achtung: klischeedenken! ich weiß nicht wie es anderen geht, aber ich dachte immer, dass die japaner bestimmt ein ganz ordentliches völkchen sind. die tragen mundschutz, stellen sich immer schön in eine reihe, und auch alles andere ist geordnet und aufgeräumt. jetzt wohnen wir ja schon zum zweiten mal unter einheimischen und was soll ich sagen: in jedem unserer wohnhäuser gab es bisher einen messie. bei beiden sind jeweils die balkone zugemüllt und bei dem in tokio, konnte man auch das gestapelte durcheinander im fenster-erker von außen sehen. auf den balkonen ist aber nichts gestapelt, sondern es liegt alles wild durcheinander. wie auf dem schrottplatz. und drüber thront dann manchmal wäsche zum trocknen. und beim nachbar hier liegt auch ne pfanne… hm… ; )
lebendiges essen?
am ersten abend landen wir in einem restaurant um die ecke ohne englische speisekarte und mit wenigen englischen sprachkenntnissen des älteren ehepaares. mit gesten und einzelnen worten versuchen wir rauszufinden, was es denn gibt, bis der frau irgendwann einfällt, dass sie fotos der speisen haben. ha. sehr gut. mein essen, ein rindercurry, ist ziemlich glibberig, weil die soße krass eingedickt wurde und stefans essen lebt noch. er hat nudeln bestellt und auf den nudeln liegen dünne, feine, stützstrumpffarbene flocken, die sich bewegen. ernsthaft. das sieht voll krass aus. was zur hölle ist das? und im ersten moment überlegt man, ob man es essen will. aber stefan, der held, tut es, fast ohne mit der wimper zu zucken. im ersten moment ist es ziemlich geschmacksneutral, später schmeckt es etwas nach schinken. gerochen hat es aber eher nach fisch? und es ist fisch. ein ziemlich spezieller. aber das finden wir erst am nächsten tag heraus, auf dem nishiki-market.
augenschmaus
mein erstes highlight in kyoto. regen ist angesagt, deshalb beginnen wir unsere tour unter dem bunten dach des nishiki-marktes. ein traum vor allem für feinschmecker. der leckere duft von essen liegt in der luft und man weiss nicht, wo man zuerst hinschauen möchte. und man kommt dabei aus dem staunen nicht mehr heraus. die exotischsten lebensmittel, hauptsächlich fisch, gemüse und süßigkeiten werden hier ansprechend präsentiert und teilweise gibt es hinter den shops gleich noch das restaurant, um die feinen speisen direkt zu probieren. ab und an gibt es auch kleine kostproben von keksen und co. außer den leckeren sachen finden sich auch gewürze, wunderschöne souvenirs in hübschen verpackungen und allerliebste dinge aus keramik an den ständen. und wieder ärgere ich mich ein klitzekleines bisschen, dass wir nichts oder nur winzige sachen davon mitnehmen können. da beneide ich die anderen besucher, die bald wieder nach hause fliegen und ihre koffer mit den tollsten souvenirs vollpacken können.
schöne rücken, die entzücken
als ich auf dem markt die ersten frauen mit kimonos erblicke, macht mein herz wieder einen hüpfer. sie sehen so hinreißend aus, mit ihren mehrfarbig leuchtenden roben, den akkurat gebundenen obis (gürtel) und den oft kunstvoll geflochtenen und hochgesteckten haaren. zauberhaft! und natürlich hält man sofort mit der kamera drauf. bis man kurze zeit später merkt, dass die frauen hier zum ganz normalen stadtbild gehören. voll schön. sie bringen so viel farbe und schönheit ins stadtbild und sie lassen sich meist auch gerne fotografieren. und sie sind selbst natürlich alle mit smartphone und selfiestick bewaffnet, um jeden eigenen schritt zu dokumentieren.
irasshaimase! oder so
zufällig entdecken wir an einem der stände die flocken von stefans lebendem essen. wir fragen den verkäufer, was genau es ist und er zeigt uns ein stück holz!? natürlich ist es kein holz, sondern es handelt sich dabei um katsuobushi (bitte anklicken. verlinkt auf wikipedia). der fisch wird auf bestimmte weise fermentiert und dann gehobelt. die flocken, auch bonito-flocken genannt, werden hauptsächlich als grundlage für suppe verwandt oder als topping für speisen. durch den entstehenden wasserdampf bei sehr heißen speisen fangen die sehr dünnen flocken an zu tanzen. das sieht anfangs sehr speziell aus und der geschmack ist wie erwähnt eher dezent. aber eine lustige erfahrung ist es allemal.
lustig in japan ist auch diese sache, dass die verkäufer und angestellten in märkten und restaurants immer die leute animieren, doch hereinzukommen und einzukaufen. sie sind durchweg am munter vor sich hinplappern und anpreisen. wirkt ein bisschen schräg, wenn man nichts davon versteht ; ) von einem bild auf einer speisekarte lassen wir uns animieren, yakimochi zu probieren. es sieht gut aus, schmeckt aber leider nach wenig und ist ziemlich pappig. eine art zäher, klumpiger reiskuchen. keine empfehlung unsererseits. aber wenn mans nicht probiert… auf dem markt könnte man eeewig verweilen, aber wir reißen uns los. ein paar tempel warten auf uns.
welchen tempel hättens gern?
in kyoto gibt es ca. 1600 buddhistische tempel und ungefähr 400 shinto-schreine. die auswahl ist groß. wie entscheidet man sich, welchen tempel man anschauen möchte? ehrlich gesagt haben wir auch nicht vorab den ganzen japan-reiseführer studiert. dafür hatten wir zu viele reiseführer auf einmal. also vertrauen wir auf den reiseführer und andere reiseblogger. kiyomizu-dera ist im prinzip eine ganze ansammlung von tempeln und das ist auch gut so, denn dadurch verläuft sich die ganze menschenansammlung ein bisschen. meditative stimmung kommt hier leider nicht auf. ohne wirkliches ziel schlendern wir von tempel zu tempel und landen irgendwann ein stück weiter oben am berg, wo es überraschenderweise immer ruhiger wird. anscheinend scheuen doch einige den leichten anstieg und die stufen. was für eine wohltat!
dass die meisten japaner zwei religionen angehören, haben wir mittlerweile schon gelernt. ein japanisches sprichwort sagt: sie leben als shinto und sterben als buddhist. deshalb verwundert es sicherlich auch nicht, dass ich in einem der tempel auf zwei buddhas (ein schlanker stehender und ein sitzender rundlicher) umringt von vier grimmigen samurais mit vier verschiedenen gesichtsfarben stoße. daneben ein paar buddhistische musikinstrumente und eine riesige klangschale. irgendwie verwirrend, aber warum nicht : )
wegträumen
hoch oben auf einem benachbarten hügel finden wir dann ein richtig schönes plätzchen mit zwei zauberhaften, kleinen tempeln. da sie sich hinter einer baustelle befinden, verirren sich noch weniger besucher hierher. erst recht, als es anfängt zu nieseln. auf den hölzernen stufen sitzend betrachten wir in ruhe das innere. auf den holzdielen sind sitzkissen aus maisstroh verteilt, daneben auf schimmernden, dicken stoffkissen stehen instrumente, die sich holzfische (mokugyo) nennen. sie werden als begleitinstrument bei rezitationen oder auch als signal zum beginn und zum ende einer meditationseinheit verwendet, lese ich später nach. hier lässt es sich herrlich abschalten. der offene raum ist total schön und stimmig, umgeben von bäumen, vogelgezwitscher und irgendwo im hintergrund plätschert wasser. ein träumchen.
nicht ganz einfaches tauschgeschäft
ninen-zaka und sannen-zaka, den zwei-jahres und drei-jahres-hügel streifen wir auf dem weg zur metro. das viertel zählt zu den schönsten gegenden in kyoto. entlang der engen sträßchen finden sich wieder unzählige der alten holzhäuser, in denen hübsche ladengeschäfte, cafe und restaurants wohnen. mittendrin ist noch mal gewusel von vielen hübschen jungen frauen in kimonos, die sich vor dem von uns getauften „püschel-tempel“ fotografieren. der tempel heißt eigentlich yasaka koshin-do. schwierig in worte zu fassen, was bei dem tempel passiert. wir haben das, kurz zusammengefasst, so verstanden, dass man eine seiner schlechten eigenschaften bzw. angewohnheiten in die püschel, die eigentlich hängende affen sein sollen, packt, diesen dann an den tempel hängt und einem dann, wenn man die miese eigenschaft im richtigen leben abgelegt hat und ein besserer mensch ist, ein wunsch erfüllt wird. oder so ; ) und lustigerweise tummeln sich hier die ganzen hübschen jungen frauen in ihren farbenfrohen kimonos. der zusammenhang hat sich uns nicht erschlossen. vielleicht weil die jungen frauen kimonos tragen, aber nicht nach den strengen regeln und riten einer geisha leben? und auch hier gibt es wieder eine art horoskop. kleine röllchen mit nummern werden aus einer holzbox gezogen und dann wird das entsprechende schriftstück aus einem schränkchen mit vielen schubladen entnommen. darauf fahren die jungen japaner ab.
an diesem abend verfahren wir uns das erste mal mit der metro. aber nicht nur eine station, sondern gleich mehrere. wenn schon, denn schon mit dem expresszug, der mehrere stationen durchfährt. musste ja irgendwann so kommen. aber halb so schlimm. lachend steigen wir an der nächsten station aus und fahren wieder zurück.
mitgefühl und dankbarkeit
neuer tag, neues tempelglück. zu fuß gehts richtung nishi honjwanji. nach dem goldigen tempel mit den holzfischen gestern mein zweiter favorit in kyoto. das tolle: ich entdecke nirgends verbotsschilder, dass man nicht fotografieren darf. sind die verzierungen und die gemälde an den wänden und türen nicht wunderschön? und diese lampen? bedauerlich, dass es bitterkalt ist und man es im tempel sitzend nicht lange aushält. die mit papier bespannten schiebetüren des tempels halten der kälte nicht stand. und wie schade, dass der frühling seinen durchbruch hier noch nicht geschafft hat. auf dem vorplatz des tempels steht ein riesiger, alter baum. die seitenäste gestützt von helfenden pfählen. was muss das für eine pracht sein, wenn dieser in voller blüte steht? erst im nachhinein studiere ich das prospekt des tempels (in deutsch!) und die lehre der jodo shinshu genauer und lese über die lehre der schule, die dem tempel angehört. es geht um mitgefühl und selbstreflektion. darum, inmitten von gefühlen der reue und freude die dankbarkeit auszudrücken, ohne von bittgebeten und aberglaube abhängig zu sein.
glibber, plastik und macha
mein mittagessen wird der totale reinfall. erstens überlesen wir, dass die nudeln kalt sind (das „chilled“ bei den noodles haben wir beide übersehen). und zweitens ist das rindfleisch, dass erst komplett fehlt und dann nachgereicht wird, nur ein fettiger klumpen mit minimal fleisch daran. bäh! in solchen momenten wünsche ich mich zurück ins badner land. mir fehlt unser leckeres essen. nie hätte ich gedacht, dass ich diejenige sein würde, welche als erste über das essen hier nörgelt. aber das fleisch ist meist zu fett und die soßen zu glibberig. gemüse gibt es in den normalen restaurants kaum. zu teuer oder grade keine saison. mit obst sieht es genauso aus. ganz schön hochpreisig. zum frühstück gönnen wir uns immer einen apfel. aber jeden tag für viel geld in gute restaurants essen gehen, können wir leider auch nicht.
wenn wir grade beim essen sind. die japaner… vor vielen restaurants findet man vitrinen mit verschiedenen tellergerichten. anfangs ist man sehr irritiert, dass das essen so ausgestellt wird. bis man die ersten schräg stehenden teller sieht. öh? shokuhin sanpuru nennt man das: die nachbildung von gerichten aus plastik oder wachs. mittlerweile schon fast zur kunst geworden, sollen dir die exponate in den schaukästen das wasser im mund zusammenlaufen lassen. oft, aber nicht immer, stehen auch die preise daneben. sehr skurril, aber für den touristen an sich auch sehr hilfreich. angeblich gibt es auch kurse, in denen du dir dein eigenes lieblingsgericht aus plastik „anfertigen“ kannst. ob das bloße anschauen an kochfaulen tagen schon satt macht, bezweifle ich allerdings.
nachmittags gebe ich mir dann den rest. da hier alle auf macha (grüntee) sind, egal ob als tee, smoothie, süßigkeit oder eis und es riesige läden gibt, die nichts anderes anbieten, will ich das eis mal probieren. yoah. definitiv geschmackssache. mein geschmack trifft es auf jeden fall nicht und ich bin froh, dass ich die mischung mit normalen softeis gewählt habe. aber auch hier: versuch macht klug ; )
rein ins touristenbad
das wochenende steht an und mit ihm sicherlich noch ein paar mehr touristen in allen ecken von kyoto. da wir minimal tempel-overdosed sind, wollen wir ein bisschen raus ins grüne. in arashiyama, am fuß der berge westlich von kyoto, besuchen wir zuerst die togetsukyo-brücke und sind irritiert und erstaunt, dass die brücke als fotohintergrund für familienbilder dient. aber nun gut. dafür genießen wir den fast schon idyllischen pfad, der uns ein stück am fluss entlang führt. nicht weit entfernt befindet sich ein großer bambushain und natürlich, ein paar im grünen versteckte tempel. auch hier ist auf den hügeligen wegen, und den stufen, die den berg hinauf führen viel weniger betrieb, als an den sehenswürdigkeiten selbst, die man anfahren kann. immer mal luft zum durchatmen. beim bambus ist die hölle los. könnte man den weg zwischen den hohen, grünen, sich wiegenden rohren mit den durchschimmernden sonnenstrahlen in ruhe genießen, wäre es bestimmt viel schöner. aber dafür, das gebe ich zu, schlafen wir immer zu lange und war das wochenende bestimmt die falsche wahl.
unser spaziergang führt mitten durch das schöne wohngebiet. die häuser hier haben meist einen mehr oder weniger großen garten und es stehen ziemlich fette autos in den einfahrten. zwei dackel, die aus einem kinder- respektive hundewagen spickeln, mit frauchen und herrchen am steuer kreuzen unseren weg. ebenso ein putziger hund, der ausschaut wie ein zu groß geratenes eichhörnchen. in einem souvenirshop lasse ich mich von einem mini-origami-porzellan-kranich verzaubern. ich erkläre der verkäuferin mein rucksack-dilemma und sie packt ihn mir in ein süßes blumenschächtelchen mit ganz viel verpackungsmaterial drumherum. mit einem strahlenden lächeln verlasse ich den laden. „mist, shopping macht doch glücklich“, lacht stefan, als er mein gesicht sieht.
märchenhafter gioji tempel
der letzte tempel des tages steht an und das highlight ist nicht das eher schlichte gebäude, sondern der kleine garten drumherum. wie im märchenwald ist der boden mit grünem, dicken moos bewachsen. dazwischen tummeln sich strubbelige grasbüschel, wippende farn und ein paar zarte blümchen setzen mit lilafarbenen blüten akzente. nebenan betten sich überirdische wurzeln der bäume in das weiche grün. in einer ecke stehen niedliche töpfe mit den verschiedenen moosarten, die im garten zu finden sind. und: es ist ruhig… grade noch rechtzeitig haben wir es geschafft, denn der tempel schließt nach unserem verlassen seine tore.
zum krönenden abschluss finden wir ein cafe, in dem es pizza gibt. die sieht nicht nur lecker aus, sondern schmeckt auch so. la dolce vita in japan! und nein, sushi haben wir noch nicht gegessen. kommt aber noch!
die menschen in kyoto wirken doch entspannter und freundlicher als in tokio. die nachbarin auf der straße, der mann an der metrostation, der mitarbeiter an der supermarktkasse – das lächeln scheint echt. oder wir haben uns mittlerweile schon an die etwas speziellen einwohner japans gewöhnt? ich werde das weiter beobachten…
Oh, man, wow, Hammer das, liebe Christine. Wir sitzen in Dhulikhel und ich freu mir en Loch in den Bauch für euch. So toll.
Wenn du badisches Essen willst: Donnerstag im Firefly. Speck, Landjäger und Dosenwurst. Müssen nur noch schauen, wo wir i Kathmandu Bauernbrot bekommen. Zur Not tut es auch Baguette…
Ich drück dich!
hey alice. das ist frech! ich kann die sachen förmlich riechen… aber wir hatten heute einen tollen ausflug nach osaka und haben was neues probiert. okonomiyaki. auch sehr lecker. aber speck, landjäger und dosenwurst…
liebe grüsse nach nepal! ich freu mich so über das haus für die schwestern und dass ihr dem kleinen jungen helfen konntet, und er hoffentlich wieder ein normales leben, ohne ausgrenzung, leben kann. helfen, dafür sind freunde da. dautari : )