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indien ׀ weihnachten in goa und zugfahrt nach kochi

29. Dezember 2017

bisher habe ich jedes weihnachtsfest daheim verbracht. immer mit meiner familie oder zumindest einem kleinen teil davon. erstes weihnachten nicht zuhause und unter palmen. und ich muss sagen, das war nichts. also schon schön, weil sonne, palmen und meer. aber eben kein weihnachten. da helfen auch die vielen lichter und sogar schneemänner nicht, die hier überall verteilt sind. es ist einfach nicht das weihnachten, wie wir es kennen.

heiligabend haben wir, wie jeden morgen, in unserer ferienwohnung gefrühstückt, sind dann mittags bis nachmittags an den strand (da habe ich an meine weihnachtsengel-runde gedacht, die ich immer mittags an heiligabend treffe), gegen abend gabs bei unseren vermietern ein glas champagner und dann waren wir beide essen. das war ganz lustig, weil ich leicht beschwipst war. mit unseren familien konnten wir leider keinen kontakt aufnehmen (nur morgens kurz schreiben, da lagen aber alle noch im tiefschlaf aufgrund der zeitverschiebung), da unser internet nicht funktionierte. ja und später am abend war ich ehrlich gesagt ziemlich traurig. himmelhoch jauchzend. zu tode betrübt. wie immer an solchen feiertagen, weil erstens meine mum fehlt und jetzt auch noch der rest der familie. glücklicherweise habe ich stefan, der meine traurigkeit versteht, sie kurz verweilen lässt, aber dann auch schnell wieder vertreibt. <3 danke dafür!! und überhaupt. du bist der beste! : )

die ersten zwei weihnachtsfeiertage waren für uns „normale“ tage in indien. auf den straßen war ein bisschen mehr los als sonst, weil viele doch frei hatten. und am strand tauchte nachmittags eine horde jugendlicher auf. sie schienen etwas betrunken und spielten ein spiel, dessen regeln wir auch nach längerem beobachten nicht erschließen konnten. ein viereckiges spielfeld. dann ringen, raufen, manche zogen zwischendurch ein kleidungsstück aus, manche waren irgendwann raus. auf jeden fall waren sie ausgelassen und hatten ihren spaß. quiekten wie mädchen.

eine zugfahrt in indien muss sein! oder?

am zweiten weihnachtsfeiertag dann unsere weiterfahrt mit dem zug nach kochi. wir hatten tatsächlich eine fahrkarte bekommen. allerdings erst mal auf der warteliste. 14 stunden mit dem sleeper. wir hatten das große glück, dass wir mittags sogar noch mal an den strand und ins meer konnten, weil hans und elfie uns ermöglicht haben, später noch mal zu duschen, bevor wir um sechs zum bus gegangen sind. der abschied war sehr herzlich. die zeit in goa war wirklich großartig, auch dank der beiden. als wegzehrung gabs ein paar würste. frisch importiert von freunden der beiden aus deutschland. bratwürste. so lecker! hans hat uns dann noch bis zum bus begleitet. vielen lieben dank noch einmal nach goa!

ich dachte ja, der bus ist bestimmt leer, weil feiertag und abends. weit gefehlt. er wurde proppenvoll. ich weiß nicht wie viele männer unterwegs eingestiegen sind, wahrscheinlich um ihre arbeit in margao anzutreten. wie so oft gab es auch an diesem abend laute musik. doch dieses mal hatte der fahrer den geschmack von stefan getroffen und er wippte begeistert mit ; ) genau wie die vermummte, etwas füllige frau, die sich in ihrer burka mit schwung neben einen schmalen inder in die sitzbank quetschte. der arme kuckte nur verdutzt und leicht ängstlich aus der wäsche, eingeklemmt zwischen frau und fenster, und seine kollegen schräg hinter ihm lachten sich kaputt.

in margao angekommen gabs noch ein abendessen. die suche nach wlan ist leider wieder mal gescheitert. man gab uns in dem cafe zwar ein passwort, aber funktioniert hat es nicht. dafür bekam stefan den ersten, guten kaffee in indien. ein genuss.

warten, warten, warten

am bahnhof angekommen wird uns schnell klar, warum wir noch auf der warteliste stehen. ein unglaubliches gewusel von menschen, aber alle entspannt. wir setzen uns wie die vielen anderen auf den boden, mit den rucksäcken im rücken an eine säule. die meisten starren auf ihr handy. es wird gelacht. verabschiedet. stimmengewirr. eine weihnachtskrippe mit bunten blinkelichtern ist aufgebaut. immer wieder wird davor posiert und es werden erinnerungsbilder geknipst. die weibliche, freundliche lautsprecherstimme scheint unaufhörlich irgendwelche zahlen anzusagen.
irgendwann lesen wir auf der tafel hinter uns unsere namen. christine und stefan. die nachnamen sind zu kompliziert. grün heisst, unsere reservierten plätze sind bestätigt. yay. das ist schon mal super. obwohl wir auf jeden fall eingestiegen wären. so wie es auf der tafel steht sind wir sogar zusammen im abteil, und nicht, wie angenommen, nach männlein und weiblein getrennt. aber mal sehen, ob das so stimmt. auf der anderen tafel über unseren köpfen erscheint dann auch die anzeige für unseren zug. 16345 netravati express. statt um 22.55 uhr um 0.30 uhr. das heisst noch drei stunden warten. wir hatten schon mit verspätung gerechnet und sind nicht wirklich überrascht.

der bahnhof leert sich etwas. kinder hängen entspannt schlafend in den armen ihrer mütter. hier und da sieht man europäer sitzen. „chai, chai, chai“ schallt es immer wieder über den bahnsteig. einer der teeverkäufer gleicht schon fast einem tenor. gerne würde ich ihn fragen, ob er nicht mal was für uns singen könnte. züge fahren ein und wieder aus. und wir warten. stefan amüsiert sich immer wieder über die inder, die oben rum dick eingepackt sind, an den füssen aber flip flops tragen. ein paar wartende haben sich schlafen gelegt. mitten auf dem bahnsteig, umringt von bunten taschen. zwischendurch füllt sich der bahnsteig wieder. ein kommen und gehen. immer was zu kucken. und plötzlich hört man noch grillen zirpen.

es wird ruhig um uns herum

einer der chai verkäufer lacht schon jedes mal, wenn er an uns durch läuft. es sind insgesamt mindestens fünf unterwegs. mittlerweile ist unser zug auf 1.15 uhr terminiert. kurz später auf 2.15 uhr. es ist inzwischen ein uhr nachts und es ist ruhig geworden. die inder kennen das, sind ausgerüstet mit tüchern zum drauf liegen und zum zudecken. ich habe mich auch schon in meinen hoodie gepackt und nen dicken schal um den hals. wir verharren an unserer säule. drehen immer mal wieder eine runde. die dame am mikro spricht unaufhörlich. andere stimmen hört man inzwischen nur noch wenige. nur das „cha cha chai“ tönt noch gedämpft über den bahnsteig. mein hals kratzt bissi. ich glaube, ich trink jetzt mal ein cha cha chai.

um drei uhr gehts endlich los. inzwischen sind wir seit 6 stunden am bahnhof. wir finden unseren wagen, aber keine sitznummern, da alles mit gepäck zugehängt ist. da nur noch die zwei unteren liegen frei sind, nehmen wir diese. es gibt laken, einen teppich (badisch für decke) und ein kissen. gar nicht so übel, der sleeper. es ist erstaunlich ruhig. der einzige mann der geschnarcht hat, muss irgendwann umziehen, da er wohl falsch liegt. einer von uns auch, aber wir dürfen liegen bleiben. dann hört man nur noch das rattern der räder über die gleise. und selbst das ist dezent und ein relativ monotones geräusch, dass mir beim einschlafen hilft. anders als erwartet.

wir schlafen tatsächlich ein bisschen bis die passagiere, die schon länger schlafen, langsam wach werden. vorhänge werden aufgezogen, licht fällt ein, reissverschlüsse knarzen, es raschelt und die ersten handys bimmeln. irgendwann baumeln ein paar weiss besockte füsse über meinem kopf und kurz später sehe ich den rest der inderin. sie ist voll nett, spricht englisch, und würde gerne mit ihrem mann frühstücken. ob wir die bänke umklappen können? da ich wahrscheinlich eh nicht mehr schlafen kann, bauen wir also um. sie ist total nett und schimpft später mit dem chai verkäufer, als er uns nicht genug geld zurück gibt. außerdem verrät sie uns immer, was die essensverkäufer in ihren körben haben. die inder haben ihr frühstück fast alle dabei. die liegebänke werden überall zu sitzbänken umfunktioniert und wir versuchen es uns bequem zu machen. eine lange fahrt steht bevor. und wie wir so mitkriegen, haben wir wohl immer noch ordentlich verspätung.

gefühlt ein indisch-deutscher familienausflug

leider ist unser fenster trüb und angelaufen und wir erkennen die landschaft nur schemenhaft. anfangs hängen alle noch so ein bisschen in den seilen. richtig ausgeschlafen ist man natürlich nicht. wir putzen unsere zähne und bestellen uns für später ein vegetarisches mittagessen. aus dem nachbarabteil dringen gesprächsfetzen einer fernsehsendung zu uns rüber. das mit den kopfhörern hat sich noch nicht bei allen durchgesetzt. irgendwann gesellt sich noch die tochter des paares zu uns, die auf der oberen liege geschlafen hat, und das junge paar über stefan ist auch erwacht. und was soll ich sagen, wir hatten echt mal wieder glück. alle sind total nett und es findet ein reger austausch statt. die mutter der familie erzählt von ihrem job als lehrerin, von weihnachten, ihrer familie und ihren geschwistern. das junge paar das bei stefan sitzt, reist zu einer hochzeit nach kerala. und das ältere paar von der querseite klinkt sich zwischendurch auch immer mal ein. der ältere inder, den wir abends noch am bahnsteig kennengelernt haben, schaut auch ab und an vorbei und lacht jedes mal herzlich weil er denkt, dass fünf stunden verspätung für uns deutsche eigentlich ein unding sind.

wir fahren in der besseren klasse. das heißt wir haben eine klimaanlage und es wird sogar gewischt. merke: mit dem klogang wenn möglich immer warten, bis der mann mit dem feudel da war und durchgewischt hat. erst im abteil, dann auf der toilette. natürlich nur ungefähr zwei mal während unserer langen fahrt. selbstverständlich habe ich wieder versucht, die klogänge weitestgehend zu vermeiden. aber bei einer so langen fahrt und mehreren chais ist das ein ding der unmöglichkeit. also wieder augen und nase zu und durch. und es ging auch einigermaßen. die klimaanlage ist zwischendurch so kalt eingestellt, dass wir uns warm anziehen bzw. mit den bettlaken zudecken.

warum heißen die züge noch mal „express“?

und so vergeht stunde um stunde und die landschaft zieht an uns vorbei. das mittagessen hat leider auch verspätung und unsere mägen knurren verärgert. ich mache einen scherz, dass sich das essen hoffentlich nicht auch um vier stunden verzögert und kurze zeit später werden uns frische, leckere bananen und deftige donuts mit chili-sosse gereicht. hat unser junger mitfahrer mal kurz draußen in einem bahnhof organisiert : ) die mutter drückt uns eine packung kekse in die hand. welcome in india. und natürlich: kurz darauf kommt das mittagessen. satt und müde hängen wir auf unseren plätzen. zum nachtisch spenden wir chai-tee für alle.

mit dem schotten durch kochi

irgendwann wird klar, dass wir mit fünf stunden verspätung in kochi ankommen. außer ein paar stunden schlaf waren wir somit für 770 km von ort zu ort 26 stunden unterwegs.
als wir uns fürs aussteigen bereit machen, treffen wir auf david, einen kleinen, quirligen schotten. witzigerweise stellt sich heraus, dass sein home stay in der gleichen straße ist wie unseres und er schlägt vor, dass wir zusammen mit dem bus fahren. das dauert dann noch mal eine stunde. er kennt sich aus, sagt er, da er vor vierzig jahren und zuletzt vor fünf jahren schon einmal hier war. david ist lustig. er hat als junger mann auch schon die ganze welt bereist und ist begeistert von allem. vor allem auch von der deutschen küche. seine idee mit dem bus zu fahren, stellt sich leider als nicht sehr vorteilhaft heraus. denn erstens müssen wir mit unserem schweren gepäck ziemlich weit laufen, bis wir die haltestelle für den bus finden. und zweitens ist der bus so voll, dass wir nach zehn minuten total entnervt und verschwitzt wieder aussteigen. keine gute idee gibt er zu und wir teilen uns ein tuk tuk und fahren in einer dreiviertel stunde entspannt in unser viertel.

gegen acht checken wir in unser home stay ein, begeben uns kurz auf nahrungssuche in der näheren umgebung, ich lade noch einen beitrag hoch und dann fallen wir in einen komatösen schlaf…
 
 

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