früh morgens um 5.30 uhr klingelt unser wecker. um kurz nach acht fährt unser schnellzug nach agra. statt 3 stunden fährt dieser nur 1 stunde 40 minuten. ein junger schüchterner taxifahrer bringt uns, mehrere rote ampeln überfahrend, zur station. erstaunlicherweise ist es ziemlich ruhig auf der straße. sonntag. vielleicht deshalb. am bahnhof herrscht allerdings schon früh reges treiben. voll bepackt stehen wir den indern in nichts nach. außer dass die frauen ihre dicken, vollbepackten tücher auf dem kopf tragen. wir schieben uns mit der masse auf unser gleis und warten bis der zug einfährt. raus aus delhi! wir sind beide ziemlich froh, die laute, schlecht riechende stadt zu verlassen.
der standard des zuges entspricht ungefähr einem interregio bei uns. im hintergrund läuft entspannte indische musik. ein bisschen laut vielleicht, aber das geräusch des ratternden zuges dämpft sie kurz später. der blick aus dem fenster während der fahrt ist teilweise ziemlich deprimierend. riesige neubauten von hochhäusern zeichnen sich ab. entlang der gleise sieht man viele slums, gepflastert von müll und zwischendrin immer mal wieder heilige kühe. grotesk. die menschen verrichten an den gleisen ihre notdurft. ein unangenehmes gefühl macht sich breit, wenn sich die blicke begegnen. sofort wird einem wieder bewusst, in welcher heilen welt wir doch leben…
der smog bleibt
der graue schleier verzieht sich auch nach einer halben stunde fahrt noch nicht. ist es immer noch smog? oder jetzt doch nebel? dem geruch nach handelt es sich wohl um rauch. vielleicht immer noch vom abbrennen der felder? später ziehen sich grüne felder umgeben von dem grauem dunst dahin. immer mal wieder sieht man in der grünen weite paare von menschen stehen oder gehen. die szenerie sieht gespenstisch aus. fast wie ein gemälde. zwischendurch ein kleines dorf bestehend aus hütten, drum herum ordentlich gefegt. ungeduldig warte ich, ob sich das grau hoffentlich irgendwann verzieht.
in agra angekommen sieht man immer noch keinen horizont. aber die luft ist besser. kaum ausgestiegen werden wir schon von diversen taxifahrern angesprochen. wir entscheiden uns dann für die fahrt im tuk tuk. das geht. auch mit unseren riesigen rucksäcken. unser fahrer bietet uns gleich eine tagespauschale für den nächsten tag an. er mag die deutschen, sagt er. die sind freundlich. und die argentinier. wir verabreden uns auf 11 uhr am nächsten morgen. no hurry, no worry, chicken curry.
indian homestay
die gebuchte unterkunft ist, abgesehen von dem lärm, abermals zauberhaft. es handelt sich um einen famlienbetrieb und wir wurden von asha sehr warmherzig empfangen. einen deutschen schäferhund gibt es auch: tiger. unser krishna-zimmer im oberen stock hat ein riesiges bett und auch hier gibt’s wieder eine dachterrasse, auf der wir prima unsere wäsche trocknen können. die gelegenheit ist günstig, also waschen wir erst mal den delhi-schmotter aus unseren sachen und gönnen uns dann ein kleines frühstück. mhm, pancakes, denke ich, und packe dick honig drauf. genüsslich schiebe ich mir die gabel in den mund und stelle fest: upsi. eieromelette. mit honig. kann man machen, muss man aber nicht ; ) es folgt ein ausgedehntes mittagsschläfchen. die letzte nacht war doch sehr kurz. schreiben bis 0.45 uhr und aufstehen um 5.30 uhr. den rest des tages gestalten wir stressfrei. abends gehen wir noch mal raus, um etwas essbares zu finden und landen bei dem mann an der ecke mit den leckeren kartoffelpuffern in der pfanne. zumindest sieht es danach aus. er packt uns noch ne ladung kichererbsen drauf, eine rote und eine grüne soße, zwiebeln und noch eine letzte weiße soße. außerdem zweierlei gewürze. das ganze wird serviert in einer kleinen schale aus getrockneten blättern. es duftet köstlich! und schmeckt noch besser. yummy. wir holen uns gleich noch eins. abendessen für 90 rupien (ca. 1,17 euro) und sooo gut.
das wlan ist nicht immer das beste, funktioniert manchmal gar nicht und so dauert es gefühlt eine ewigkeit, bis ich endlich den ersten beitrag auf dem blog posten kann. dann entdecke ich auch noch einen fehler den ich nicht beheben kann. mist. zwischenzeitlich hallen laute musik und stimmen von der straße empor und wir entdecken eine hochzeitsprozession, die vor unserem hotel beginnen soll. das ganze zieht sich allerdings ziemlich lange hin, weil die braut nicht auftaucht. ich hätte gerne zugesehen, aber irgendwann gebe ich doch auf. der bräutigam war übrigens schon morgens an uns vorbei geritten (siehe instagram video).
agra fort und taj mahal
wie besprochen steht unser tuk tuk fahrer um 11 uhr am nächsten morgen vor dem haus. no woman, no cry, no chapati, no chai. happy (sein lieblingswort) fährt er uns als erstes zum agra fort. und wieder faszinieren mich vor allem auch die menschen, die uns begegnen. alle religionen sind vertreten und alle haben eins gemeinsam: sie schießen am tag ich weiß nicht wie viele selfies. und posen und lachen und duckfacen was das zeug hält. als stefan versucht an einer säule ein ornament abzupausen, kommt ihm gleich ein freundlicher inder zur hilfe und hält ihm das blatt. leider scheitert die mission am stift. noch schnell ein paar selfies und weiter geht’s. leider ist das wetter bzw. der smog unheimlich diesig, so dass wir das taj mahal von dort nicht sehen können. kurzer zwischenstop zum lunch. erwähnenswert ist die cola-flasche, die ich bekommen habe (siehe bild). ich hab wirklich überlegt, ob ich das trinken will. kurz auf die anderen tische gekuckt, da auch welche entdeckt und dann rein damit.
nach dem mittagessen laufen wir zum taj mahal. ausländer zahlen meist für den eintritt wesentlich mehr als die einheimischen, was ich okay finde und auch schon von argentinien kenne. dafür müssen wir nicht anstehen und haben einen gesonderten eingang. bei der taschenkontrolle, die ich versehentlich umgehe wird stefan wieder raus geschickt. block, stift und e-zigarette dürfen nicht mit rein. also verschwindet er erst mal eine halbe stunde in richtung schließfächer bevor wir uns das prächtige bauwerk anschauen. wow! das muss liebe gewesen sein. wer seiner frau ein solches grabmal errichtet… unsere zwei inder vom agra fort treffen wir auch wieder und unterhalten uns ein bisschen. einer von beiden ist koch, der andere farmer aus der nähe von agra. sie besuchen das taj mahal mindestens einmal im monat, erzählen die sympathischen jungs, die aus dem grinsen nicht rauskommen. lustig, die zwei.
menschen mit all ihren facetten
ich liebe es, menschen und szenen zu beobachten und diese fotografisch einzufangen. manchmal frage ich vorher, ab und an drücke ich einfach ab. die menschen beobachten uns auch und fotografieren uns des öfteren „heimlich“, sprechen uns an wegen selfies oder kinder kommen zu uns, um einfach nur hallo zu sagen, freuen sich wie bolle und gehen kichernd und mit leuchtenden augen wieder ihres weges. bisher haben wir eigentlich ausschließlich ausgeglichene und freundliche menschen erlebt. außer vorgestern am bahnhof als es drum ging, uns als tuk tuk-kunden zu gewinnen. da gabs mal kurz ne hitzige diskussion. und das ständige ansprechen der tuk tuk fahrer, souvenir-verkäufer etc. ist zeitweise ein bisschen anstrengend. manchmal denke ich, wir kucken zu nett und sind zu freundlich ; )
das faszinierende an alten bauwerken ist für mich, mit welcher geduld, akribischer handarbeit und liebe zum detail früher gebaut wurde. die ornamente und intarsien sind von unfassbarer schönheit. das mausoleum für shah jahans lieblingsfrau mumtaz mahal (kurz taj mahal) wurde zum beispiel in 21 jahren mit ca. 20 000 arbeitskräften aus asien erbaut. der wahnsinn. im moment ist man bemüht, das kunstwerk zu schützen und hat den verkehr rund um das taj mahal verboten. aber der smog produziert von den vielen fabriken und dem verkehr machen dem prachtstück schwer zu schaffen.
pflichtprogramm
als wir wieder auf unseren fahrer treffen erklärt er uns, dass er uns noch ein paar handwerk-betriebe zeigen will. als wir ihm erklären, dass wir auf keinen fall etwas kaufen werden und uns das eigentlich schenken können, meint er: no pushing. wir müssen nicht, wenn wir nicht wollen. irgendwie kriegen wir es nicht übers herz und so landen wir in der marmor-manufaktur und man erklärt uns, wie zum beispiel die intarsien-arbeiten im taj mahal entstanden sind. keine frage, interessant was uns der junge designer erzählt. aber am ende kaufen wir, wie schon prophezeit, nichts. als er uns noch in die textil-manufaktur fahren will streiken wir. er erklärt uns (was wir schon wussten), dass er provision für jeden verkauf bekommt. wir entschuldigen uns mehrfach – aber das wird uns einfach zu viel. keine weiteren manufakturen, keine weiteren frustrierten gesichter. ich versuche ihm klar zu machen, dass ich es nicht mag, menschen enttäuschen zu müssen und dass uns allen ersparen möchte. er versteht es, denke ich, so halb. am ende verabschieden wir uns dennoch mit den besten wünschen für ein „happy life“.
begegnungen auf den straßen von agra
die nächste begegnung lässt nicht lange auf sich warten. als wir abends noch mal losgehen um ein bisschen was einzukaufen spricht uns giita mit ihrem kleinen sohn vedant auf der straße an. „ob sie uns helfen kann“? wir kaufen zusammen etwas obst, damit wir nicht übers ohr gehauen werden, sagt sie, und sie zeigt uns den supermarkt. als wir uns verabschieden wollen, lädt sie uns auf einen tee zu sich nach hause ein. da sitzen wir dann kurze zeit später, trinken einen leckeren tee mit ingwer und knabbern nüsschen und kekse. vedant tut sich anfangs etwas schwer, kommt aber später dann auch zu uns dazu. giita ist lehrerin an einer schule in agra. sie unterrichtet 63 kinder in ihrer klasse und spricht tolles, gut verständliches englisch. in indien soll jedem kind ermöglicht werden in die schule zu gehen: egal ob arm oder reich. arme menschen schicken schon deshalb ihre kinder zur schule, weil sie dort täglich ein mittagessen bekommen, sagt giita.
sie selbst kommt ursprünglich aus mumbai, erzählt sie, was ihr viel besser gefällt als agra. aber sie hatte keine wahl. da sie nach agra verheiratet wurde. zuvor hat sie für ein detektiv-büro. im callcenter und für eine bank gearbeitet. sie hofft sehr, dass sie mit ihrer familie irgendwann nach mumbai zurück kann. richtig wohlfühlen tut sie sich hier nicht. und sie hat einen traum. welchen, lest ihr in der kategorie menschen ׀ träume.
und dann, spät am abend: der nächste hochzeitszug, der an unserer unterkunft vorbei zieht. wir haben den „zubringer“ zur hochzeitshalle erwischt. und ich sag mal so, die indische musik ist schon sehr speziell. freestyle jazz hoch vierundzwanzig. und es dauert einen moment, bis die musik nicht mehr ganz so laut durch die straßen schallt…