mittlerweile sind wir seit einigen tagen in kochi. genauer gesagt in einem stadteil davon, fort kochi oder auch old kochi. und ich muss sagen, es gefällt uns ganz gut hier. ist so ein bisschen wie die vorstadt. nicht ganz so laut und wild. manchmal kommt es uns so vor, als hätten wir in indien schon einen kleinen hörschaden erlitten. kommt doch öfter die nachfrage „hä?“ oder „was?“.
hier ist es noch wärmer als in goa, weil noch südlicher und es gibt wahrscheinlich nicht mehr schnaken, aber definitiv zu viele. wir sehen aus wie streuselkuchen und die stiche jucken, das ist unfassbar. aaaaarg!
die ersten zwei nächte waren wir in einem home stay, dass uns sehr gut gefallen hat. gutes zimmer, sehr sauber, tolle lage weil sehr ruhig und leckeres, reichhaltiges frühstück. wir hätten gerne verlängert, aber leider war nichts mehr frei. mittlerweile sind wir umgezogen in ein anderes, da wir beschlossen haben, länger hier zu bleiben, und es noch mal entspannter anzugehen. zumal ich etwas angeschlagen bin. meine bronchien und nebenhöhlen machen mir etwas zu schaffen. ich denke, es ist ein mix aus am bahnhof rumsitzen, zu kalte klimaanlage und katzen. also erst mal easy peasy in fort kochi. das wlan macht auch mit, ist wahnsinnig langsam und zwischendurch streikt dann auch noch wordpress, so dass ich nichts an meinem blog machen kann. wir trödeln rum bis mittags und wagen uns dann hinaus in die hitze der stadt.
das erste kennenlernen
unseren ersten kleinen spaziergang möchten wir zur promenade machen, an der ich zum sonnenuntergang die für den stadtteil bekannten chinesischen fischernetze fotografieren möchte. wir schlendern durch die strassen, immer wieder ein blick auf die karte werfend, begegnen ein paar putzigen ziegen, sehen wieder diese kleinen häuschen (strom, telefon!?) verziert mit den schönen fliesen und essen samosa und frittierte bananen aus einem kleinen imbiss an der straße (sieht aus wie ne garage), eingewickelt in zeitungspapier. das kann man machen, ehrlich. die dinger sind so lecker!
kurz später hält ein tuk tuk fahrer neben uns. ob er uns fahren darf? wir sagen ihm, dass wir einen spaziergang machen möchten. ob wir ihm einen gefallen machen wollen? und natürlich lassen wir zwei schafe uns wieder überreden. er fährt uns zu einem shop und kriegt dafür einen coupon oder sowas in der art. wir sagen ihm, dass wir bestimmt nichts kaufen, aber egal. die fahrt ist kostenlos. also fahren wir, schauen uns ein bisschen in dem laden um, in dem es tollen schmuck, kleider und jede menge souvenirs bzw. handarbeiten gibt und verlassen den laden wieder, ohne etwas gekauft zu haben. der tuk tuk fahrer ist noch da, bedankt sich und fährt uns gratis direkt zur promenade, an den holländischen friedhof. selbstverständlich nicht ohne uns eine stadtrundfahrt für den nächsten tag anzubieten. aber nett und unaufdringlich.
sonne und mee(h)r
an der promenade wuselt es von menschen. sowohl touristen als auch viele ortsansässige, die den nachmittag am meer genießen wollen. für des deutschen geschmack ist der strand nicht gerade sehr einladend. aber die einheimischen sind unten am wasser und lassen ihre nackten füsse von den wellen umspielen. etwas unsexy ist auch die riesige industrieanlage mitten im meer auf der anderen seite. die stimmung ist entspannt und ausgelassen. und es gibt so viel zu sehen und zu beobachten. fischer sitzen in großen und kleinen gruppen überall verteilt und erfreuen sich an der nachmittagssonne und einem plausch. junge inder, die zarte blumenkränze fürs haar verkaufen, tragen ihre ware lustigerweise auch selbst. herzallerliebst. es gibt schmuck, bunte windräder, knallrosa zuckerwatte, gebrannte nüsse und allerlei nippes. hach! ich entdecke die putzige ente die trommelt und fotografiere sie. hinter dem stand steht der kleine, junge verkäufer – vielleicht zehn jahre alt. natürlich preist er sie sofort an und ich kaufe sie und verschenke sie sofort weiter an einen anderen kleinen jungen, der neben uns gerade ziemlich quengelt. und schon sind zwei menschen glücklich. ne, stimmt nicht, drei. ich auch.
feilschen will gelernt sein
an einem anderen stand mit sonnenbrillen bleiben wir stehen. meine eigene hat schon wieder ein schräubchen verloren. allerdings habe ich es bemerkt und konnte sie retten und die brille reparieren. aber eine ersatzbrille wäre nicht schlecht. ich probiere ungefähr die hälfte der brillen bis ich eine finde die okay ist, und frage den verkäufer was sie kostet. er nennt mir einen betrag. ich sage 50 rupie weniger und er meint, nein, das wäre ein festpreis. daraufhin meine ich mit vorgeschobener unterlippe und einem zauberhaften lächeln, dass das so aber keinen spaß macht. man müsse doch handeln! fürs gute gefühl. also soll er lieber mehr sagen und dann noch einen nachlass gewähren. er schüttelt den kopf über meine beharrlichkeit und lacht herzlich. und wir handeln. am ende sind es 20 rupie weniger, aber wir hatten alle spaß.
an den chinesischen fischernetzen sammeln sich schon die touris mit ihren fotoapparaten. wir nehmen nicht den kürzesten weg zum ersten netz, wo man schon zum fotografieren eingesammelt wird, sondern gehen noch ein stück weiter und runter an den strand. in der hütte vor dem aufbau sitzen zwei männer und unterhalten sich. hinten auf dem gestell sitzt noch ein fischer mit angelschnur. wir fragen ob wir rauf dürfen und die männer winken uns freundlich durch. also klettern wir über das absperrseil und passieren die ersten wackeligen bretter. um weiter nach vorne zu kommen muss man teilweise über schmälere planken balancieren. ich zögere und der fischer hinten lacht. „no problem“ ruft er und winkt uns zu sich heran. also trauen wir uns und laufen vorsichtig bis nach vorne. ich darf mich auf den stamm setzen, der das netz mit manneskraft nach oben oder unten hieft und momentan fixiert ist. stefan muss stehen bleiben, denn so stabil ist das ding nicht. krasse bauwerke, die mit reiner handarbeit und gegengewichten betrieben werden und dieser art angeblich seit dem 13. jahrhundert genutzt werden. und dann genießen wir diesen besonderen augenblick der ruhe und des wunderschönen bildes bis uns die realität wieder einholt und wir diesen ausgefallenen platz wieder verlassen.
nebenan legt gerade noch ein fischerboot an und der fang wird an land getragen. unter anderem unmengen von tintenfischen. einer der männer nimmt jeden einzelnen in die hand, dreht ihn, und die tinte läuft in einem blauschwarzen rinnsal die treppe hinunter. es gibt immer so viel zu kucken und zu lernen und zu fotografieren. geiler scheiß.
deutsch-schottisches treffen beim fake-italiener
die dunkelheit bricht herein, mit ihr die moskitos und frisch „autanisiert“ begeben wir uns auf die nahrungssuche. und wie der zufall so will sehen wir david, den munteren schotten, dinierend in einem restaurant namens italia sitzen. wir schleichen uns von hinten an und überraschen ihn. er ist mächtig begeistert von seinem essen (garnelen in kokosmilch) und wir setzen uns dazu und bestellen das gleiche. das krasse in indien ist, die portionen sind meist so groß, dass ein gericht für beide reicht.
mit david wird es nie langweilig. er hat immer etwas zu erzählen. meist anekdoten von seinen vielen reisen. und wir sprechen über die freundlichkeit der deutschen und dass es nicht immer von vorteil ist. man muss auch mal nein sagen können (in bezug auf den tuk tuk fahrer am nachmittag). aber ich werde deshalb bestimmt nicht auf mein lächeln und meine freundliche art verzichten ; )
mein englisch hakt leider hier und da immer noch und mir fehlen viele worte, aber ich denke und hoffe, das wird mit der zeit immer besser. david fragt uns, was wir an silvester machen und erzählt uns, dass es ein großes feuer geben wird und ob wir nicht lust hätten, mit ihm „dinner“ zu haben. und so verabreden wir, vor sonntag noch mal zu mailen.
home stay mal wörtlich genommen
tag zwei in fort kochi verbringen wir fast komplett im zimmer. ich fühle mich wie anfangs erwähnt etwas angeschlagen und wir genießen unsere mini-dachterasse im neuen guest house, waschen, ich blogge ein bisschen und wir ruhen uns einfach nur aus. fürs abendessen suchen wir bei google und entdecken ein tibetisches restaurant ganz in unserer nähe mit guten bewertungen. sehr lecker. und wir treffen auf dem weg die zwei zauberhaften jungs mit ihren regenschirmen (siehe video auf instagram). kinder sind, gerade auch auf reisen, echt die besten. völlig unvoreingenommen, aufgeschlossen und fröhlich rufen und winken sie und sind so begeisterungsfähig und ausgeglichen. ein träumchen…
die nacht in der neuen unterkunft war leider nicht so. sehr unruhig. die betten sind ziemlich hart und es ist einfach zu warm. um 9 uhr kriegen wir ein traditionelles kerala-frühstück serviert. lecker, aber gewöhnungsbedürftig um die uhrzeit. der süd-inder an sich isst ja morgens gerne warm. es gibt puttu mit kichererbsen-curry, ein deftiges omelett und zwei bananen. dazu einen tee bzw. kaffee. puttu ist die beilage und wird aus reismehl und kokos gemacht. ein sehr gesundes und nahrhaftes frühstück, erklärt uns der besitzer. sein 87 jahre alter vater schwöre darauf und toast und marmelade könnte ja jeder. man sollte doch schon mal die traditionellen sachen probieren. und ich stimme ihm da vollkommen zu. sollte man. ich habe in myanmar auch einmal fischsuppe zum frühstück gegessen.
mein magen war heute allerdings komplett irritiert, warum es morgens um 9 uhr schon mittagessen gibt und fand das nicht wirklich angebracht.
wieder kein nein für yaya
erst am späten mittag raffen wir uns auf für einen erneuten bummel durch die stadt. wir haben uns eine kleine route ausgekuckt und wollen am ende die jüdische synagoge besichtigen. als zwischensnack schnabulieren wir ein paar bananen und samosa. die spaziergänge durch die kleinen nebenstrassen und gässchen sind fast immer mit die besten. man sieht so viel und ich mag ja am liebsten die menschen und alltagssituationen. wobei wir dann doch auch wieder in einer straße mit basaren landen.
lustigerweise treffen wir unseren tuk tuk fahrer von vorgestern wieder. yahia oder abgekürzt yaya, sein name. da hat er schon das letzte mal spässchen darüber gemacht, dass deutsche sich den namen so gut merken können. er möchte uns eine gewürz-fabrik zeigen. eigentlich nicht für touris gedacht, aber interessant. schon im durchgang zum hinterhof duftet es nach einer wilden mischung von gewürzen. wow! sehr krass. im hof stehen verschiedene säcke mit wurzeln, rinde, muscheln… das sind die zutaten für medizin, verrät er uns. über dem eingang zum lager- und verkaufsraum hängt ein schild: rote schrift in hindi, darunter auf englisch ‚dealers in: spice, dry fruits, cashews, etc.‘. yaya zeigt auf drei verschiedene säcke mit kardamom-kapseln und fasst hinein. die nicht so gute qualität sieht schon etwas trocken aus und riecht auch nur dezent. die erstklassigen kapseln duften in einer intensität, unglaublich. überall stehen säcke mit sternanis, muskatnuss, ingwer, morcheln und vielen anderen gewürzen. hier wird allerdings nur an den handel verkauft. in den straßen durch die wir später laufen, gibt es ganz viele kleine gewürzläden.
und was soll ich sagen, kurze zeit später stehen wieder zwei dumme schafe in einem laden, trinken ein tässchen tee und fragen sich, wie sie aus der nummer wieder rauskommen. das war nun aber wirklich das letzte mal, schwören wir uns. schluss mit den freundlichen deutschen. zumindest insofern, dass wir uns zu nichts mehr überreden lassen, das wir nicht wollen.
fahrräder, ziegen und katzen
in fort kochi fällt auf, dass es viele fahrradfahrer gibt. ist quasi das indische freiburg. meist ältere männer oder kleine jungen, die gerne zu zweit fahren. das „mittelalter“ fährt roller oder motorrad. zum teil ziemlich coole maschinen mit röhrendem auspuff. außerdem treffen wir jeden tag viele süße ziegen und es gibt im süden mehr katzen als hunde.
an der jüdischen synagoge angekommen stehen wir vor verschlossenen türen. egal, wir hatten einen tollen nachmittag. dafür entdecken wir nebenan ein zauberhaft eingerichtetes cafe im oberen stockwerk. erst vor 5 monaten eröffnet, erzählt uns der inhaber stolz, der sich seine inspiration für den tollen ort auf reisen holte. die waschtische stehen auf alten nähmaschinen-tischchen, die lampen sind teilweise aus abflussrohren gemacht und überall im cafe hängen unmengen von grünpflanzen. und unsere sandwiches und die limonade schmecken köstlich. dazu macht es spaß, wie er sich über unser positives feedback und lob freut. man merkt, er ist mit viel herzblut und leidenschaft dabei.
da die dämmerung naht und wir ein gespaltenes verhältnis zu moskitos haben geben wir auf dem heimweg gas. zu fuss, nicht im tuk tuk da wir uns vorgenommen haben, die health-app auf meinem handy kilometermässig ein bisschen zu beeindrucken. in goa waren die einträge doch sehr bescheiden…