schon ein cooles gefühl, am ‚fin del mundo‘, dem ende der welt spazieren zu gehen, und diese ganz besondere stimmung zu genießen. schon vor 10 jahren hat mich die unbeschreibliche atmosphäre am ‚canal beagle‘ eingefangen. kennt ihr das, wenn man eine total schöne erinnerung an einen ort hat, und dann kommt man wieder hin und …
die sache mit den e-tickets
auch in argentinien kann man bustickets online reservieren und kaufen. die krux ist nur, dass man die tickets dann ausdrucken muss. finde den fehler. da hat jemand das prinzip von elektronischen tickets noch nicht ganz verstanden. aber okay. nun hat man als backpacker nicht unbedingt immer einen drucker am start. aber bisher ging es immer auch so, oder man druckte uns am schalter die entsprechenden tickets aus. heute ist das anders. der junge mann kullert dramatisch mit den augen und schaut genervt auf die uhr. wir sind schon ein bisschen spät. ich zucke mit den schultern und lächle ihn freundlich an. gott sei dank gibt es free wifi und ich darf ihm die mail mit den tickets zwecks ausdruck weiterleiten. die junge touristin, die in der schlange hinter uns steht, hält ebenfalls ein handy in der hand. leila kommt auch aus deutschland. aus dem schwäbischen. ich kläre sie auf und gebe ihr direkt die mailadresse weiter. kein einfacher tag für den jungen mann hinter dem schalter ; ).
wenn einer eine reist tut…
der bus mit dem ziel ‚ende der welt“ ist fast ausschließlich mit touristen besetzt. wenige reisen alleine, ein paar zu zweit und eine reisegruppe mit mehreren bunt gemischten nationalitäten. außerdem eine gruppe von jungen, einheimischen teenagern mit ihren zwei betreuerinnen. nach 3 stunden fahrt halten wir das erste mal an, um auf die fähre zu warten. während der überfahrt und der aussichtslosen ausschau auf delfine erzählt uns leila ein bisschen von ihren erlebnissen. seit fast einem jahr reist sie mitterweile durch lateinamerika. schockiert erzählt sie von ihren Erfahrungen auf kuba. ganz schrecklich fand sie es dort. sie war so enttäuscht. die menschen unfreundlich, das essen nicht gut und ständig hatte sie das gefühl, sie werde abgezockt. außerdem meint sie, dass es außerhalb von havanna so gut wie nichts zum anschauen gebe. hm? kuba war schon auch noch ein land, dass ich mir irgendwann gerne mal anschauen möchte. gut, so eine meinung ist ja immer subjektiv. jemand andere erfahrungen?
bussa nova
zurück im bus holpern wir irgendwann über eine unbefestigte straße und halten plötzlich mitten in der pampa an. kurz darauf sehe ich draußen, unten vorm busfenster, den fahrer und den busbegleiter zwei türen öffnen, und im bus verschwinden. mittagsschläfchen? gibt es da unten zwei hängematten? leider nein. klopfgeräusche dringen aus dem innern des buses. das klingt nicht wirklich gut.
zwangspause
im bus wird es indes immer wärmer. die sonne brennt durch die scheiben und die kleinen klappfenster liefern leider keine frischluft. wir steigen aus. frische luft schnappen, beine vertreten und man kommt miteinander ins gespräch. eine ältere französin mag meinen pulli, mit der grafischen weltkarte vorne drauf. sie ist auch auf weltreise. hat sich erst mit der einen tochter unterwegs getroffen, und reist jetzt mit der anderen tochter durch patagonien. was sie danach alleine vor hat, frage ich sie. am liebsten möchte sie eine zeitlang auf ein großes containerschiff, erzählt sie träumerisch. Coole frau. Traut sich was.
lost – die vergessene
nachdem klar ist, dass es wohl noch ein bisschen dauert, werden die ersten weinflaschen geöffnet, salami-happen verteilt, ball gespielt und die gruppe der jungen mädels übt verschiedene cheerleader-posings und hat eine menge spaß. die stimmung ist trotz warterei entspannt. nach ungefähr 1 ½ stunden pause geht es endlich weiter. der bus fährt los, aber es fehlt eine junge frau, die gerade zum pippi machen in der pampa ist. stefan und ich sitzen ganz hinten und sehen ihren gesichtsausdruck als sie registriert, dass der bus schon auf der straße ist und fährt. unbezahlbar. sie fängt an zu rennen und wir im bus lachen uns kaputt. dann pfeifen und rufen wir bis der busfahrer merkt, dass etwas nicht stimmt und anhält. die cheerleader empfangen die verloren gegangene prompt mit einem tunnel und klatschen sie ab, als sie sich lachend auf ihren platz begibt.
improvisation ist alles
tatsächlich hat der bus wohl einen bleibenden schaden, denn wir halten immer wieder an und immer wieder verschwinden die beiden männer im bus-inneren. zwischendurch wird mal ein zaun zerlegt, draht und holz entwendet und man hört es erneut hämmern und klopfen. auch ein langes seil kommt zum einsatz. an der grenze gibt es ratschläge von einem der trucker. toi toi toi, die improvisierte vorrichtung hält und mit drei stunden verspätung kommen wir nach insgesamt 15 stunden fahrt gegen 23 uhr in ushuaia an. wir verschwinden so schnell im taxi, dass wir uns nicht mal von leila verabschieden können.
schöner wohnen
leider hat das hotel von vor 10 jahren im moment nicht geöffnet. ich weiß noch, damals war alles ganz neu und drum herum standen so gut wie keine häuser. es liegt etwas außerhalb, aber direkt am beagle-kanal und hat eine wunderschöne aussicht. die neueren hotels, die mittlerweile am kanal gebaut wurden, sind für unser budget leider zu teuer. unsere jetzige unterkunft ist nicht unbedingt zentral, aber sehr schön und geschmackvoll eingerichtet. wir fühlen uns auf anhieb wohl. eugenio und seine frau vermieten nur drei zimmer und da die anderen nicht belegt sind, haben wir auch das badezimmer für uns. super sache!
zurück in die vergangenheit
am nächsten tag schnappen wir uns an der straße ein taxi und lassen uns zum hotel von damals fahren. keine ahnung warum, aber ich muss genau da noch mal hin. das hotel steht noch und sieht auch noch ganz okay aus. warum es zu ist? keine ahnung. auch als wir ums haus herum schleichen und hinten die grasböschung zum wasser hinunter steigen, begegnet uns niemand und keiner hält uns auf.
seelenruhe
morgens war es noch ziemlich grau, aber als wüsste sie, dass es ohne sie nicht so richtig schön ist, schaut sogar die sonne vorbei. die atmosphäre hat mich seinerzeit schon komplett gefangen genommen. stille. nur die leichten wogen, die leise über die steine plätschern. für eine kleine weile war jeder mit sich selbst beschäftigt, hing seinen eigenen gedanken nach. damals und auch heute. wir schlendern über das grün und mein blick schweift zu den schneebedeckten gipfeln, die uns umgeben. obwohl die sonne scheint, ist es immer frisch hier im süden, in ushuaia. die wolken und die berge spiegeln sich verschwommen im wasser. eine möwe unterbricht die stille und fliegt kreischend auf mich zu. vielleicht bin ich ihrem nest zu nahe gekommen? einer der lustigen vögel mit dem langen, gebogenen schnabel stolziert in seinen roten stiefeln an mir vorbei. vorne, im seichten wasser, schimmern millionen von muscheln. am ende der welt. am beagle-kanal. für mich immer noch ein magischer ort, obwohl er sich insgesamt doch sehr verändert hat.
magische orte verknüpft mit erinnerungen
ich frage stefan, ob er auch so einen ort hat, an dem er so schöne, unvergessliche momente hatte, ein besonderes gefühl, ein ort an den er sich gerne erinnert? „ja“, sagt er, „in spanien“. schöne kindheitserlebnisse. in den urlauben damals. aber bestimmt, mutmasst er, sei es da heute auch nicht mehr so schön. oder man empfindet es anders. und wir stellen uns die frage, ob man es manchmal nicht lieber bei der schönen erinnerung belassen sollte? den ort nicht mehr aufsuchen, um die schöne erinnerung zu bewahren und sie nicht ein stückweit zu zerstören?
größer ist nicht immer besser
wir bleiben am wasser, laufen am ufer entlang, passieren das ein oder andere hotelgrundstück und erst als wir vor einem breiten seitenarm des kanals stehen, den wir nicht trockenen fusses überqueren können, biegen wir ab richtung wohngebiet. genau das ist heute anders als damals. eugenio, unser vermieter, erzählte mir heute morgen schon, dass sich die stadt in den letzten 10 jahren von wenigen tausend auf 90.000 einwohner vergrößert hat. ein stückweit hängt das sicherlich mit dem tourismus zusammen, den großteil aber führt er auf die industrie zurück, die sich hier angesiedelt hat. in dem neubaugebiet, in dem immer noch kräftig gebaut wird, sieht es allerdings ziemlich hoxi boxi aus. unbefestigte straßen, die häuser zwar teilweise richtig schön, aber außen herum nicht richtig aufgeräumt oder angelegt. ein paar hunde kommen uns bellend entgegen, aber wie immer rede ich freundlich auf sie ein und irgendwann ist es nur noch vages protest-gebell mit schwanzwedeln.
heisse schokolade und knastgeschichten
an der hauptstraße stoppen wir ein taxi an und lassen uns in die innenstadt fahren. am morgen waren wir kurz im tourismusbüro, um uns über einen ausflug zu den pinguinen zu informieren. in einer der agenturen hat uns ein mann gutscheine für eine heiße schokolade geschenkt. die lösen wir jetzt ein und gönnen uns dazu ein leckeres stück kuchen. danach flanieren wir ein bisschen durch den ort und ich zeige stefan die post, mit dem großen graffiti, dass die geschichte ushuaias erzählt. ursprünglich befand sich hier eine strafkolonie für rückfällig gewordene schwerverbrecher. nach und nach ließen sich dann rund um das gefängnis händler und siedler nieder.
die sache mit den flocken
geld holen ist in argentinien immer wieder eine echte herausforderung. dieses mal haben wir allerdings einen anderen plan. in chile haben wir noch einen größeren geldbetrag am automaten abgehoben, den wir hier in ushuaia jetzt umtauschen wollen. die gebühr, die wir dafür bezahlen ist zwar auch hoch, aber am ende lohnt es sich doch. den jungen schalterbeamten bringen wir ein klitzekleines bisschen zum verzweifeln, bis wir endlich die scheine haben, die wir wollen. immer lächeln und freundlich sein!
wohnküche
nach einem kurzen abstecher zum hafen laufen wir durch kleine seitenstraßen zu fuss zurück zu unserem bed & breakfast. die weitere reise durch argentinien muss noch geplant werden und mit dem blog hinke ich auch nur noch hinterher. oftmals bin ich abends einfach zu müde, um mich noch zum schreiben aufzuraffen. also setzen wir uns in die schöne wohnküche, genießen den blick aus dem fenster auf die umliegende bergwelt und planen unsere argentinien-reise. auf unsere frage, ob uns eugenio eine pizza bestellt, schickt er uns in die nachbarschaft in eine kleine pizzeria. die, die wir finden hat zu. ob es noch eine andere gibt? wir laufen noch ein stückweit aber es kommen nur noch wohnhäuser. zurück in der unterkunft greifen die beiden dann doch noch zum telefon.
der mythische ‚canal beagle‘
morgens ist es draußen meist erst düster und grau, die berge wolken verhangen. heute nieselt es sogar ein bisschen. aber je später der tag, desto heller wird es. gegen mittag machen wir uns, begleitet von einem ungewöhnlich flachen, wunderschönen regenbogen, erneut auf den weg in die innenstadt. ein paar besorgungen stehen an und ein kleines mittagessen, bevor es um 15 uhr aufs wasser geht. ausflug zu den pinguinen! schon im vorfeld haben wir eine schicke urkunde bekommen: eine bescheinigung, dass wir auf dem mythischen beagle-kanal „gesegelt“ sind ; ). das boot startet pünktlich um 15 uhr und ist nur spärlich besetzt. die saison startet erst. und überraschenderweise ist es draußen auf dem boot gar nicht so kalt, jetzt wo die sonne ausgeschlafen hat. wir lassen ushuaia und die berge hinter uns und fahren in den kanal zwischen argentinien und chile. das wasser ist hier tiefblau. fast schon schwarz.
leuchtsignale
unsere weibliche fremdenführerin, die über mikro auf spanisch und englisch zu uns spricht, macht uns auf den leuchtturm aufmerksam, der langsam in unser sichtfeld rückt. san juan, so sein name, verrichtet hier seit 1920 seinen dienst. anfangs kam noch zweimal am tag ein wächter mit benzin vorbei. heute wird san juan mit solar betrieben und fristet ein einsames dasein. damit das bild etwas an dramatik gewinnt, wird die see etwas rauer und stürmischer und ein deftiger geschmack liegt in der luft. auf den felsen neben dem leuchtturm chillen entspannt die urheber des etwas strengen geruchs. seevögel und -löwen räkeln sich auf dem steinigen untergrund und lassen sich von der gischt besprenkeln.
keine falschen hoffnungen
suzanna, die uns normalerweise übers mikro informiert, kommt direkt zu uns und erklärt uns, dass wir nicht enttäuscht sein sollen, falls wir keine pinguine sehen sollten. da gerade brutzeit ist, könnte es sein, dass sich die tiere nicht am ufer aufhalten. waaas? ehrlich gesagt bin ich schon ein bisschen sauer, denn wir haben die tour nur wegen den pinguinen gebucht. an land hat uns im vorfeld keiner gesagt dass es sein kann, dass wir gar keine frackträger sehen. zeit, ein bisschen zu schmollen.
watschelnd in den sonnenuntergang
am ende ist die ganze aufregung umsonst, denn wir sehen pinguine. magellan-pinguine und eselspinguine. die mit dem roten schnabel. und sie sind zauberhaft. aufgeregt watscheln sie am strand auf und ab. stürzen sich in dinner-for-one-manier ins meer um nach 30 sekunden wieder kehrt zu machen. leider sind wir für fotos zu weit weg und die putzigen gesellen posieren dazu im gegenlicht. deshalb gibt es so gut wie keine brauchbaren fotos. aber wir sind glücklich und zufrieden und überstehen so auch die lange, extrem frostige rückfahrt. abends und nachts wird es doch noch bitter kalt und die heizung auf dem boot ist definitiv zu schwach, um den innenraum nebst insassen zu wärmen. also sitzen wir vermummt mit mütze, schal und handschuhen auf unseren plätzen und starren auf den bildschirm, auf dem der „spätfilm“ läuft. das leben der pinguine, inklusive fortpflanzung, geburt und allem was dazu gehört.
ushuaia hat sich in den letzten 10 jahren unfassbar verändert. den ort selbst fand ich damals schon nicht besonders hübsch. aber diese stimmung am beagle-kanal, auf die habe ich mich gefreut. und dieses schöne gefühl dort, dass war wieder da.